75 Jahre Gunter Demnig, Stolpersteine

Gunter Demnig wurde 1947 in #Berlin geboren und studierte dort nach dem Abitur zunächst Kunstpädagogik und dann Industrial Design an der Staatlichen Hochschule für Bildende Künste. Schon während seines Studiums neigte er zu provokanten Aktionen im öffentlichen Raum, so malte er 1968 eine US Flagge an sein Atelierfenster in #Kreuzberg, deren Sterne er durch Totenköpfe ersetzte, um gegen den Vietnamkrieg zu protestieren.

Für diese künstliche Intervention wurde Demnig kurzzeitig inhaftiert. 1970 wechselte er an der Universität Kassel kurzzeitig sein Studienfach auf Kunstpädagogik und studierte dort nach dem ersten Staatsexamen Freie #Kunst bei Harry Kramer. Das »Atelier Kramer« war ein Zusammenschluss von Künstlern und Studenten, die zahlreiche Kunstaktionen und Ausstellungen gemeinsam gestalteten und die Idee einer partizipativen und gesellschaftlich kritischen Kunst vertraten. 980 wurde Demnig wissenschaftlicher Mitarbeiter der Universität und beschäftige sich mit der Frage, ab wann ein Künstler sich Künstler nennen darf.

Um auf diese Problematik aufmerksam zu machen, lief er von der Hochschule in Kassel bis zum Centre Pompidou in Paris. Er legte den gesamten Weg zu Fuß zurück und druckte mit Hilfe eines selbstgebauten Druckgerätes den Text »Duftmarken Cassel – Paris Demnig 80« auf die Straßen und wurde deswegen auf dem Weg kurz von der französischen Gendarmerie festgehalten. Nach 21 Tagen kam er in Paris an, wo er das Spruchband Druckgerät als Schenkung an die Sammlung des Centre Pompidou abgab. Dort befindet es sich noch heute.

In den folgenden Jahren setzte Demnig zahlreiche weitere Aktionen um, bei denen er Spuren hinterließ und Kunst, Performance und Provokation im öffentlichen Raum verschmelzen ließ. So auch 1981 mit der »Blutspur«, die er von der Kasseler #Kunsthochschule zur Londoner Tate Gallery unter Verwendung von Tierblut zog. Im darauffolgenden Jahr 1982 spannte er querfeldein auf mehr als 1.000 Kilometern einen »Ariadne Faden« von #Kassel nach #Venedig und vergrub 1984 bei einem Fußmarsch über die Alpen »Landschaftskonserven«.

Ab 1985 arbeitete bei mehreren Projekten wie der Moltkerei #Werkstatt und dem Kunstraum »Fuhrwerkswaage« in Köln mit. Später konstruierte Demnig Klanginstallationen und konzipierte provokant angehauchte Jahrmarkt Automaten. Viele dieser Werke stehen heute in seinen eigenen Ausstellungsräumen in Alsfeld Elbenrod.

In Köln kam er mit dem Verein Rom in Kontakt und druckte 1990 mit einem Schriftspurgerät die Worte »Mai 1940 – 1.000 Roma und Sinti« in Endlosschleife auf den Boden in Köln, um an den 50. Jahrestag der Deportation der Sinti und Roma zu erinnern und gleichzeitig die aktuelle europäische #Asylpolitik zu kritisieren.

Angeregt durch diese Erinnerungsspur und seinem guten Freund Kurt Holl vom Verein #Rom genügte es Demnig jedoch nicht, nur an ein Ereignis dieser Zeit zu erinnern. Sein Projekt musste etwas persönlicher und konkreter werden – und so reifte die Idee zu den #Stolpersteinen. Was 1992 mit dem ersten Stein, einem Auszug aus dem sogenannten #Himmlerbefehl, begonnen hatte, geht über die ersten individuellen Steine in Berlin 1996 bis heute ungebrochen weiter. Seitdem reist er durch ganz Europa und verlegt fast täglich immer noch den Großteil der mittlerweile 96.000 Steine selbst. »Happy Birthday, Gunter!«

www.stolpersteine.eu