#HSBI Bielefeld: Bundesverdienstkreuz für HSBI Professorin Yüksel Ekinci

  • Integration auf Augenhöhe: Yüksel Ekinci, Professorin für #Erziehung und #Bildung an der #Hochschule #Bielefeld, wurde von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland für ihre Projekte zu Mehrsprachigkeit und Elternarbeit ausgezeichnet.

Bielefeld, 11. Oktober 2023

»Bildung und Zusammenhalt fördern, Demokratie stärken« – unter diesem Motto zeichnete Bundespräsident Frank Walter Steinmeier persönlich am vergangenen Montag, 9. Oktober, insgesamt 23 Personen mit dem #Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland aus, die sich in herausragender Weise für mehr Bildungsgerechtigkeit, moderne Wissensvermittlung und in der Elternarbeit einsetzen. Darunter: Yüksel Ekinci, Professorin für Erziehung und Bildung mit dem Schwerpunkt Sprache an der Hochschule Bielefeld (HSBI). Ausgezeichnet wurde sie für ihre langjährige Arbeit zu Mehrsprachigkeit, Elternarbeit und Integration. Die Ordensverleihung zum Tag der Deutschen Einheit fand im Schloss #Bellevue in #Berlin statt.

1972 kam Ekinci als Gastarbeiterkind nach Deutschland, sie machte Abitur, studierte in Istanbul und Salzburg, arbeitete unter anderem als Lehrerin an einer Brennpunktschule in Dortmund, als Fachleiterin für Gymnasien und Gesamtschulen und promovierte: Die Biographie von Prof. Dr. Yüksel Ekinci erzählt eine »Erfolgsgeschichte einer #Migrantin vom Arbeiterkind zur Professorin«, wie sie selbst sagt. Ihr Schlüssel für gelungene #Integration? Die Rolle von Kitas und Schulen bei der Sprachförderung von Kindern und Eltern stärken. Und: eine Begegnung auf Augenhöhe.

Projekte mit Bielefelder Hellingskampschule und #Stadtbibliothek

Seit 2012 ist Dr. Yüksel Ekinci Professorin am Fachbereich Sozialwesen der Hochschule Bielefeld und gibt dort Seminare zu Deutsch als Zweitsprache, Mehrsprachigkeit und zur Begleitung von neu zugewanderten #Kindern und #Jugendlichen. Ekinci: »Die Mehrkulturalität und Sprachenvielfalt in Deutschland wird immer größer. Die Studenten, die später als Kindheitspädagogen und pädagoginnen zum #Beispiel in #Kitas oder als Sozialarbeiter in Schulen tätig sind, müssen über Wissen zu Sprachbildung und Mehrsprachigkeit verfügen und vorbereitet sein auf den Umgang mit zugewanderten Kindern, Jugendlichen und Familien.«

Gemeinsam mit der Bielefelder Grundschule Hellingskamp und der Stadtbibliothek Bielefeld realisierte Ekinci in den letzten zehn Jahren Projekte wie »Wortschatzkinder« oder »Komm, lies in der Bib«, bei denen Schüler durch ein und mehrsprachige Medien zum Lesen motiviert und gefördert werden. Ekinci: »Ein besonderes Augenmerk lag darin, auch die Eltern zum Lesen sowie Wissensaustausch und Erfahrungsaustausch anzuregen. Beim Lesen von mehrsprachigen Büchern können Eltern in ihrer Muttersprache vorlesen und damit wieder als Experten fungieren.«

Mehrsprachigkeit statt #Sprachverbote

Mehrsprachigkeit fördern – das ist Forschungsgebiet und Anliegen von Ekinci. Mehrsprachigkeit biete eine große Chance für unsere Gesellschaft, da sie das gesamte Sprachwissen erweitert. Ekinci berichtet von Fällen, in denen Eltern von der Kita oder der Schule verboten wird, mit ihren Kindern in ihrer Muttersprache zu sprechen. »Das ist aber der völlig falsche Weg. Studien zeigen, dass Kinder, die zweisprachig aufwachsen und in ihrer Erstsprache gefördert werden, in der Grundschule bessere Sprachkompetenzen vorweisen. Und: Integration kann nur gelingen, wenn alle Aspekte und Identitäten eines Menschen akzeptiert, anerkannt und wertgeschätzt werden. Insbesondere Kinder müssen wir darin bestärken und ermutigen«, so die Sprachwissenschaftlerin.

Welche Schlüsselrolle Sprache spielt, erlebt Yüksel Ekinci selbst, als sie im Alter von sechs Jahren mit ihren Eltern nach Herzebrock Clarholz im Kreis Gütersloh kommt: Ekinci spricht kein Wort Deutsch als sie eingeschult wird. Sie versteht nicht, was ihre Lehrerinnen und Lehrer von ihr wollen, spricht bis zur dritten Klasse kaum ein Wort. Als Wendepunkt beschreibt sie einen Besuch der örtlichen Stadtbibliothek, den Studierende mit ihr und ihren Geschwistern unternehmen. »Auf einmal hatte ich als Arbeiterkind Zugang zu Büchern, das war unfassbar beeindruckend für mich«, sagt sie heute. Eine Erfahrung, die ihren weiteren Weg in Deutschland nachhaltig prägen soll. Sie hat dieses damalige Erlebnis zum Anlass genommen, ähnliche Projekte in Bielefeld durchzuführen.

Die Familie geht einige Jahre später zurück in die Türkei. Yüksel Ekinci macht dort das Abitur und studiert in Istanbul Germanistik und Pädagogik. Nach ihrem dortigen Abschluss als Lektorin an der Canakkale Onsekiz Mart Universität erhält sie ein Stipendium vom österreichischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst und arbeitet an der Universität Salzburg an ihrer Dissertation, bevor sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Essen Duisburg und später an der TU Dortmund wird.

»Die Familien wissen nicht, was wir in Sachen Integration von ihnen fordern!«

Von 1998 bis 2009 arbeitet sie immer wieder als Lehrerin an der Grundschule Kleine Kielstraße im Dortmunder Norden, ist zeitgleich Fachleiterin für Gymnasien und Gesamtschulen und abgeordnete Lehrerin. 2006 hat sie erheblich dazu beigetragen, dass die Grundschule den ersten »Deutschen Schulpreis« erhalten hat. Entscheidend dafür war ihr Konzept zur Elternarbeit an der Schule, an der mehr als drei Viertel der Familien eine Migrationsgeschichte haben. Das Konzept zur Elternarbeit hat sie an der TU Dortmund gemeinsam mit Prof. Dr. Ludger Hoffmann im Forschungsprojekt »Wortschatzentwicklung und Wortschatzarbeit bei mehrsprachigen Kindern« weiterentwickelt, vertieft und umgesetzt.

Die Schule bietet unter anderem ein Elterncafé mit Sprachkursen an. Sie wird schnell Ansprechpartnerin für zugewanderte Familien. »Während meiner Arbeit in der Praxis habe ich bemerkt, dass die Familien nicht wissen, was konkret von ihnen gefordert wird, wenn wir Integration verlangen«, so Ekinci, die seit einigen Jahren auch Beauftragte für Gleichstellung und Diversity an der HSBI ist. »Wir sprechen dann schnell von Integrationsverweigerung, ohne zu wissen, mit welchen existenziellen Problemen sich zugewanderte Familien beschäftigen müssen. Oft sind die Lehrwerke für Deutsch als Fremd oder Zweitsprache schlicht nicht für diese Zielgruppe geeignet.« Kitas und Schulen seien hier die idealen Anknüpfungspunkte, denn sie sind nah dran an den Familien und ihren Lebensrealitäten. Ekinci: »Wenn wir die neu zugewanderten Familien erreichen, erreichen wir auch die #Kinder

»Ich will Mut machen und etwas zurückgeben!«

Doch was braucht es für eine gelungene Integration in Kitas und Schulen in Zeiten von kritischen Betreuungsschlüsseln und Lehrermangel? Ekinci sieht den zentralen Ansatz im Kontakt zwischen den Einrichtungen und Eltern: »Die Mehrkulturalität, die sich in den Kitas und Klassenzimmern widerspiegelt, fordert besondere inter und transkulturelle Kompetenzen. Wir müssen einander auf Augenhöhe begegnen: Wir müssen die Eltern ernst nehmen und sie darin bestärken, ihre Kinder zu unterstützen und zum gemeinsamen Austausch zur Förderung der Kinder anregen: Wie kann ich mein Kind konkret zuhause fördern? Und welche Sprachen sprechen wir dabei?«

Wenn Yüksel Ekinci erzählt, klingt viel Verbundenheit durch – mit #Deutschland, #Österreich und der #Türkei gleichermaßen. »Ich will etwas zurückgeben. Ich bin sehr dankbar für das, was ich erreichen konnte«, sagt sie. Ekinci engagiert sich ehrenamtlich, darunter in der Auswahlkommission für das Deutschlandstipendium oder beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), ist Mitglied der ständigen Kommission des Hilde Domin Programms sowie in der Auswahlkommission beim Avicenne Studienwerk zur Förderung begabter muslimischer Studierender und Promovierender und bei wirkt bei der Auswahlkommission des International Office der HSBI mit. Außerdem engagiert sie sich bei der Stiftung von Laer, setzt sich für afghanische Frauen ein und arbeitet mit Elternvereinen zusammen.

Ihr Traum ist eine gerechte und solidarische Gesellschaft, in der alle von der Kindheit an ihre Chancen nutzen können: »Wenn Kinder, Jugendliche und neu zugewanderte Familien unterstützt werden, bekommen sie Chancen, sich in dieser Gesellschaft zu engagieren. Mit entsprechender Förderung kann man es in den Bildungsinstitutionen in Deutschland vom Arbeiterkind zu einer Professur schaffen. Ich möchte aber auch Lehrkräfte, Sozialarbeitern, Sozialpädagogen und Kindheitspädagogen ermutigen: Durch ihre Arbeit können so viele Kinder und Jugendliche profitieren. Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien erhalten durch ihre Arbeit Chancen und können neue Erfolgsgeschichten schreiben. Ich selbst bin das beste Beispiel dafür!«

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