Bundesverwaltungsgericht konkretisiert Schadensersatzansprüche bei #Mobbing

Konstanz, 9. Juni 2023

Wann können Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz wegen #Mobbings im #Beruf haben? Mit dieser Fragestellung hat sich das Bundesverwaltungsgericht befasst. In seiner Entscheidung hat es eine nähere Definition der Voraussetzungen für eine solche Entschädigung formuliert – und insbesondere präzisiert, was unter »Mobbing« zu verstehen sei. Auch wenn es in der konkreten Sache um einen beamtenrechtlichen Fall ging, lassen sich doch wesentliche Aussagen des Gerichtes und der Grundtenor auf jeden Arbeitnehmer übertragen. Entsprechend wurde zunächst festgestellt, dass »Mobbing weder eine Anspruchsgrundlage noch ein Rechtsbegriff ist«.

Stattdessen muss der individuell »vorgetragene Sachverhalt […] daher in rechtsförmige Kategorien eingeordnet werden«. Hierbei sei eine »mögliche Anspruchsgrundlage für das […] geltend gemachte Begehren […] der […] Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht«. Hierzu führten die Verwaltungsrichter aus: »Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn […] vermittelt […] Anspruch auf Schutz und Wahrung [der] Persönlichkeitsrechte. Sie verpflichtet den Dienstherrn, Schädigungen der körperlichen oder seelischen #Gesundheit [des Arbeitnehmers, Anmerkung des Autors] zu vermeiden«. Und weiter heißt es im Urteil: »Mit der Bezeichnung als Mobbing soll dabei ein bestimmtes Gesamtverhalten als Verletzungshandlung im Rechtssinne qualifiziert werden. Die rechtliche Besonderheit der als ‚Mobbing‘ bezeichneten tatsächlichen Erscheinungen liegt darin, dass nicht eine einzelne, abgrenzbare Handlung, sondern die Zusammenfassung mehrerer Einzelakte zu einer Rechtsverletzung des Betroffenen führen kann. Wesensmerkmal der als Mobbing bezeichneten Beeinträchtigung ist die systematische, sich aus vielen einzelnen Handlungen zusammensetzende Verletzungshandlung, wobei den einzelnen Handlungen bei isolierter Betrachtung eine rechtliche Bedeutung oft nicht zukommt […]. In der Senatsrechtsprechung [wird] Mobbing daher als ein ›systematisches Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren‹ verstanden«.

Um zu einer Würdigung zu gelangen, inwieweit eine Verletzung der Fürsorgepflicht des Chefs vorliegt und damit eine Möglichkeit auf Anspruch von Schadenersatz besteht, darf »eine zusammenfassende Betrachtung des Gesamtverhaltens [des Dienstherrn, Anmerkung des Autors] nicht unterbleiben«. Zusammenfassend erklärt das Gericht, dass Mobbing »daher nicht vorab, bezogen auf eine einzelne Maßnahme, verneint werden [kann], sondern [es] einer zusammenfassenden Gesamtschau [bedarf]«. Insofern obliegt es im jeweiligen Einzelfall einem Klagenden, Versäumnisse des Arbeitgebers in seiner Fürsorgepflicht nachzuweisen, die eine strukturierte und systemische #Diskriminierung, #Schikane oder #Anfeindung ermöglicht und damit zumindest einen wesentlichen kausalen Ursprung für eine Einschränkung der körperlichen oder seelischen #Gesundheit des Arbeitnehmers gelegt haben.

Quelle: Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. März 2023, Aktenzeichen BVERWG 2 C 6.21