HSBI Student aus Syrien erhält DAAD Preis für besonderes Engagement, #Hochschule #Bielefeld

Bielefeld, 9. Juni 2023

Student Ahmad Alkhateeb gewinnt den #DAAD Preis für sein ehrenamtliches Engagement und seine besonderen Leistungen im Studium. Der #Syrer kommt 2015 nach Deutschland und gründet noch im selben Jahr den Verein #Café #Welcome gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen aus Bielefeld. Er lernt Deutsch, absolviert den Bundesfreiwilligendienst, macht das #Fachabitur und studiert mittlerweile an der #HSBI Soziale Arbeit. Nebenbei arbeitet er auch noch in der Drogenberatung.

»Willkommen!« Ahmad Alkhateeb öffnet die Tür des Café Welcome und reicht mir die Hand: »Wir sind gerade mit dem Frühstück fertig«, sagt der 33-Jährige. Auf dem großen Tisch stehen frische Blumen, der Kaffeeduft füllt noch den Eingangsbereich des Vereins. Die Atmosphäre ist gemütlich wie im eigenen Wohnzimmer. Ein paar Sessel laden zum Verweilen ein. Das Café ist Treffpunkt für alle – für Geflüchtete, für #Hilfesuchende und für #Helfer. Alkhateeb ist oft im Café Welcome in Schildesche. Er hat den Verein 2015 gemeinsam mit anderen Ehrenamtlichen gegründet. »Wir wollten einen Ort schaffen, an dem jede und jeder willkommen ist – deshalb der Name«, erklärt der Student der Hochschule Bielefeld (HSBI). Im Café gibt es lebenspraktische Hilfe, Unterstützung bei Fragen zu Anträgen und jederzeit ein offenes Ohr. Die Arbeit im Verein bietet Alkhateeb auch selbst ein sicheres Umfeld und gibt Struktur. Der junge Syrer hat auch eine Fluchtgeschichte und weiß, wie sich Menschen in einem fremden Land fühlen und worauf es ankommt.

DAAD Preis für #Ehrenamt

Sein Engagement fiel seiner Dozentin Dr. Havva Mazi auf. Mazi lehrt am Fachbereich Sozialwesen der HSBI und lernt Alkatheeb im Forschungsprojekt »Psychosoziale Beratung für geflüchtete Kinder und Jugendliche« kennen. Sie nominiert ihn für den DAAD Preis. Der mit 1.000 Euro dotierte DAAD-Preis wird seit über 20 Jahren an deutschen Hochschulen verliehen und würdigt die Leistungen und das Engagement internationaler Studenten. Neben den Noten zählt auch Soziales Engagement. Mazi hebt seine Neugierde und das Engagement für suchterkrankte Menschen mit Migrationshintergrund hervor. Alkhateeb lässt sich weiterbilden zum ehrenamtlichen Mitarbeiter im Modellprojekt »PaSuMi: Diversity-orientierte und partizipative Entwicklung der Suchtprävention und Suchthilfe für und mit Migranten«. Er arbeitet seit 2017 in dem Projekt mit und ist immer noch in der Drogenberatung in Bielefeld tätig. Im nächsten Jahr beendet er das Studium an der HSBI und möchte sich dann auf die Arbeit im Verein Café Welcome konzentrieren. »Ich habe noch so viele Ideen und Projekte im Kopf. Die möchte ich unbedingt umsetzen!«

»Ich habe ihn adoptiert und er hat mich adoptiert.«

Wir sitzen im Café Welcome, als Alkhateeb seine Geschichte erzählt und eine Frau hereinkommt. Ihr Name ist Kris (Kirsten) Rentrop. Sie und Ahmad verbindet eine besondere Geschichte: Er spricht sie 2015 auf der Straße an. Sie nimmt ihn in die Familie auf und ist da, wenn er Unterstützung braucht: »Ich habe ihn adoptiert und er hat mich adoptiert«, lacht die Bielefelderin. Gemeinsam gründen sie mit anderen Ehrenamtlichen den Verein Café Welcome und sind heute im Vorstand. »Ich habe die vielen Geflüchteten an der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) gesehen, in der Hitze – ohne Essen oder Getränke. Es hat sich niemand verantwortlich gefühlt, also bin ich kurzerhand zum Supermarkt und habe eingekauft«, sagt Rentrop. Sie teilt ihre Eindrücke in einer Facebook-Gruppe und findet viele Freiwillige, die mithelfen. »Anfangs habe ich die Lebensmittel in meinem Keller gelagert. Dann spendete jemand einen Getränkewagen, und wir konnten die Menschen besser versorgen. Die Stadt gab uns einen Raum, und schließlich haben wir das Gelände in Schildesche bekommen«, erzählt Rentrop. In der Schillerstraße 73 a hat der Verein viel Platz. Dort wird gekocht, beraten und ein kleiner Laden eingerichtet, in dem sie gespendete Kleidung und Möbel an Flüchtlinge verteilen. »Für die Menschen aus der Ukraine haben wir letztes Jahr einen Teil der Fläche frei geräumt«, sagt Alkhateeb.

Der Bürgerkrieg zwingt ihn zur #Flucht

Rückblick 2014: In Damaskus, seiner Heimatstadt, hatte sich Alkhateeb ein kleines Business aufgebaut. Als Jugendlicher fängt er an, in der Cafeteria im National #Museum zu arbeiten. Die Arbeit liegt ihm, er liebt den Kontakt zu den Menschen. Dann wechselt er ins Café im British Council, einer gemeinnützigen Einrichtung zur Förderung internationaler Beziehungen. Später leitet er das Café als Geschäftsführer. »Es war wie eine eigene kleine Welt, in der ich mich frei gefühlt hab, nicht wie in der Diktatur, die in meinem Heimatland herrscht. Es war sehr liberal dort«, sagt der HSBI-Student. »Die Gäste waren meist Intellektuelle. Ich habe viel gelernt in der Zeit, vor allem natürlich Englisch. Während der Arbeitsalltag liberal war, konnte Alkhateeb in der Freizeit nicht offen sprechen.

Wenn Alkhateeb von #Damaskus berichtet, versucht er das möglichst sachlich. Zu sehr schmerzt ihn der Abschied – immer noch. »Die Stadt ist wunderschön und uralt. Die #Atmosphäre ist besonders dort, und jeder fühlt sich willkommen«, schwärmt er. Doch auch schon vor dem #Krieg veränderte sich die Situation deutlich. »Ich wollte #Politik studieren, aber wer nicht in der Partei ist, darf das nicht. Das kam für mich nicht infrage. Also habe ich #Philosophie gewählt, aber das nicht wirklich ernsthaft studiert«, sagt der 33 Jährige.

Nach 4 Jahren Krieg in Syrien war die Situation für ihn als Freigeist immer gefährlicher geworden. Er floh 2014 in den Libanon. Von dort flog er ohne Gepäck nach Nepal. »Ich hatte nichts, nur die Kleidung an meinem Körper. Das war absurd, aber ich habe versucht, einfach zu überleben.« Er sucht sich Arbeit und fragt sich durch. »Es war klar, dass ich dort nicht bleiben kann und will. Es gab keine Aussicht auf Asyl. Ich wollte nach England, das machte für mich Sinn, weil ich Englisch kann«, erzählt der angehende Sozialarbeiter. Die politische Situation war damals für syrische Flüchtlinge nicht günstig und so entschied sich Ahmad für Deutschland. »Ich habe einen Freund in Essen, er war meine Anlaufstelle«, erklärt der junge Syrer. »Bielefeld wurde mir dann vom Amt zugewiesen.«

»Ich bin bekannt in Bielefeld«, lacht Ahmad

In der ostwestfälischen Stadt angekommen, wird Alkhateeb schnell selbst aktiv und bekannt: »Im Rathaus haben sie mich gefragt, ob ich übersetzen kann für die vielen Menschen, die kurze Zeit später ankamen. Das habe ich natürlich gerne gemacht.« Statt in der Unterkunft zu sitzen und zu warten, gestaltet Ahmad seinen Alltag. »Ich habe ein Rad bekommen und so die Stadt kennengelernt. Ich bin einfach herumgefahren und habe mich durchgefragt«, erzählt er. Alkhateeb ist in einer Großfamilie aufgewachsen und ist immer schon sehr kommunikativ. In Bielefeld ist das nicht anders: Er kommt schnell mit anderen Menschen ins Gespräch, bietet seine Unterstützung an, wo er kann. Er hilft bei Anträgen, organisiert spontan einen Umzug, und hört zu. Wenn er selbst Hilfe benötigt, ist er nicht zu scheu zu fragen. »So lernt man schnell Leute kennen und bildet sich ein Netzwerk. Ich bin mittlerweile bekannt in #Bielefeld«, sagt er und lacht.

In Syrien an der Uni, in Deutschland zurück zur #Schule

Der Syrer schmiedet Pläne für seine Zukunft. Er lernt Deutsch, macht einen Bundesfreiwilligendienst, ein Praktikum im Kindergarten und arbeitet in der Drogenberatung mit Jugendlichen, die Fluchterfahrung haben. Die Arbeit mit Menschen, die seine Hilfe annehmen, macht ihm so viel Spaß, dass Alkhateeb sein künftiges Berufsfeld entdeckt. Er ist ehrgeizig und will studieren. Doch das syrische Abitur zählt in Deutschland nicht. 2019 muss er noch mal die Schulbank drücken, sonst kann er das Studium an der Hochschule nicht beginnen. »Das war frustrierend, denn ich war ja schon Ende 20. Meine Freunde gründen Familien, und ich gehe wieder zur Schule«, erinnert er sich. Am Berufskolleg in Bethel beißt er sich durch und schafft in zwei Jahren das Fachabitur. »Ich habe sogar in Mathe eine Zwei minus auf dem Abschlusszeugnis. So gut war ich noch nie in dem Fach«, sagt Alkhateeb und erzählt von seiner Klassenlehrerin: »Ich wollte oft aufgeben, und sie hat mich immer wieder motiviert. Dafür bin ich sehr dankbar.«

Das Studium an der #HSBI

Sich sozial zu engagieren und beruflich in dem Feld zu arbeiten, ist für den Studenten eine Herzensangelegenheit. Aus diesem Grund entscheidet er sich für das Studium an der HSBI: »Als Sozialarbeiter bist du überall und hast mit allen Bereichen einer Gesellschaft zu tun. Das macht so viel Spaß«, so der Syrer. Als Jugendlicher wollte er sich ein kleines Gewerbe aufbauen und viel Geld verdienen. »So denken alle Jungs in dem Alter«, lacht Alkhateeb. Während der Flucht wurde klar, dass es Wichtigeres gibt als Geld. »Ich möchte ein Zuhause und Sicherheit.« Das Studium der Sozialen Arbeit war Alkhateebs Traum, den er sich erfüllen konnte. »Natürlich habe ich auch Erfahrungen gemacht, die nicht so schön waren. Rassismus ist ein Thema, leider. Ich möchte zeigen, dass sich viele Geflüchtete gut integrieren und ihren Beitrag leisten. Für mich ist klar: Je mehr Farben der Blumenstrauß hat, desto schöner ist er. Letztlich profitieren wir doch alle von den unterschiedlichen Erfahrungen verschiedener Menschen«, sagt er.

Durch die Arbeit im Verein Café Welcome lernt Alkhateeb die Strukturen in Deutschland kennen. Er kennt die bürokratischen Hürden in der Vereinsarbeit und lässt sich nicht aufhalten: »In Deutschland läuft vieles anders. Es hat einige Zeit gebraucht, ehe ich das System verstanden habe. Während des Bundesfreiwilligendienstes in der Fachstelle für Flüchtlinge habe ich die Bürokratie kennengelernt.«

Im Schrebergarten abschalten

Seine freie Zeit verbringt der Student gern draußen. In der Natur kommt er zur Ruhe. »Ich wandere stundenlang durch die Gegend, sogar bis nach Halle bin ich schon gelaufen«, so der Student. Er mietet einen Schrebergarten und gestaltet ihn gemeinsam mit seiner Freundin um. »Das ist eine schöne kleine Welt, in der ich mich rundum wohl fühle.« Bewegung ist für den Syrer wichtig: mit dem #Rad fährt er immer noch durch die Stadt. Mittlerweile hat Alkhateeb auch Familie in Bielefeld: 4 Geschwister leben mit ihren Kindern hier, und er ist froh, dass die Neffen und Nichten hier groß werden. Mit den Eltern und Geschwistern in Damaskus telefoniert er oft. Er wünscht sich ein Wiedersehen, aber wann er nach Syrien reisen kann, ist ungewiss. »Ich kann mir auch vorstellen, irgendwann als Sozialarbeiter in Syrien zu arbeiten. Vielleicht nicht auf Dauer, aber einige Projekte würde ich dort gern realisieren.«

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