Wer weiß eigentlich so etwas …

Früher, in Zeiten der ersten #Setzmaschinen, bekamen die #Schriftsetzer jeden Morgen einen Liter #Milch zugeteilt, um der #Bleivergiftung entgegenzuwirken.

Denn diese Maschinen haben Zeilen (»#Linotype«) oder Einzelbuchstaben (»#Monotype«) aus flüssigem #Blei gegossen.

Beide Namen gibt es bis heute als Marken (inzwischen praktisch nur noch für »Fonts«). Kaum jemand weiß, warum sie so heißen.

Die »Linotype«-Setzmaschine

Die »Linotype« ist eine Setzmaschine, die in der historischen Entwicklung der Satzverfahren wie der zeitlich folgende »Fotosatz« ein Bindeglied zwischen »#Handsatz« und »#Desktop-#Publishing« (#DTP) darstellt. Sie wurde von Ottmar Mergenthaler entwickelt und erstmals 1886 als sogenanntes »Blower«-Modell vorgestellt. Die »Linotype« war Namensgeber für das »Linotype«-Unternehmen (mit Firmen beziehungsweise Produktionsstätten in #USA, #England und #Deutschland), das die »Linotype«-Setzmaschinen herstellte und weltweit verkaufte.

Funktionsweise

Der Schriftsetzer bediente eine Tastatur, über die er den zu setzenden Text eingab. Tippte der Setzer einen Buchstaben, fiel aus einem Magazin eine Matrize, eine metallene Gussform für einen Buchstaben. Diese einzelnen Matrizen wurden zu Zeilen aneinandergereiht, bis die Breite des Satzspiegels annähernd erreicht war. Wortzwischenräume wurden durch in der Breite veränderbare »Spatienkeile« gebildet – diese »Spatienkeile« schlossen die Zeile durch Veränderung der Wortabstand-Breiten automatisch auf volle Zeilenbreite aus (deshalb heißt ein »Leerzeichen« oder »Wortzwischenraum« im Fachjargon auch »Keil«, das »Beenden« einer Zeile mit der »Returntaste« oder »Eingabetaste« heißt im Fachjargon »Ausschließen«, der gesamte Vorgang heißt »Umbruch«).

Die fertig zusammengestellte Zeile wurde mit flüssigem Metall (Legierung aus Blei (85 Prozent), Antimon (elf Prozent) und Zinn (vier Prozent)) ausgegossen – es entstand als eine Einheit eine Zeile mit erhabenen Buchstaben (Gesamthöhe 23,567 Millimeter), die namengebende »line of types«. Bei Setzfehlern muss bei diesem Verfahren die gesamte betroffene Zeile neu gesetzt und gegossen werden. Die mit der »Linotype« erstellten Zeilenblöcke wurden anschließend per Hand seitenweise zu Druckstöcken angeordnet.

Die zum Gießen der Zeilen benutzten Buchstabenmatrizen gelangen nach dem Guss per »Elevator« und über eine kodierte Zahnstange zurück zum Matrizenmagazin; mittels unterschiedlicher Zahnkodierungen an den einzelnen Matrizen gelangen sie automatisch in die zugehörigen Buchstabenkanäle des Matrizenmagazins und sind dort zur erneuten Verwendung verfügbar. Die »Spatienkeile« zur Bildung der Wortabstände durchliefen einen ähnlichen Kreislauf, befanden sich aber in einem separaten Magazin.

Heutige Lage

Der Beruf des Schritsetzers wurde mittlerweile abgeschafft. Die glorreiche »IHK« hat dem offenbar nicht entgegengewirkt. Heute kann jeder »setzen« (oder glaubt, das zu können). Das Kulturgut der Typographie ist weitestgehend verschwunden und untergegangen – nur noch die wenigsten wissen, wie man typographisch korrekt setzt oder kennen irgendwelche Fachbegriffe oder Regeln. Das interessiert auch niemanden.