»Wir treffen uns normalerweise nur einmal pro Monat: jeweils am zweiten Freitag. In der ›Klimawoche 2021‹ vom 29. August bis zum 5. September 2021 drehen wir jeden Tag ab 17 Uhr unsere Runden. Eine Besonderheit der Straßenverkehrsordnung hilft uns dabei: Ab 16 Radlern sind wir ein ›Verband‹ und dürfen uns so verhalten, als wären wir ein großer Lkw.« Was ist Critical Mass? Eine »Critical Mass« ist nach eigenem Bekunden ein weltweiter Zufall: In vielen Städten der Welt treffen sich Radfahrer und fahren gemeinsam die gleiche Strecke durch ihre Stadt. Dabei gibt es keine Organisation – die »Critical Mass« organisiert sich von selbst. Das Motto der Bewegung lautet: »Autos sind Teil des Problems. Fahrräder sind Teil der Lösung«. Eine »Critical Mass« blockiert nicht den Verkehr, sie ist der Verkehr! Autos stehen nicht im Stau, sie sind der Stau! Die Masse fährt langsam und gemütlich, damit sie eine Einheit bleiben kann. Es gibt viele Beweggründe für diese Bewegung. Die Masse lebt von allen, von jedem Einzelnen. Wenn eine Gruppe Radfahrer zufällig gemeinsam die gleiche Strecke fährt, so beansprucht sie unter Umständen auch die gesamte Straßenbreite. Ab einer bestimmten Zahl Radfahrer dürfen diese eine Fahrspur in der ganzen Breite nutzen und müssen sich nicht mehr am rechten Fahrbahnrand bewegen. Diese Zahl liegt in Deutschland bei 16 Radfahrern (die »kritische Masse«). »Critical Mass« ist eine weltweite Bewegung, bei der sich mehrere nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer (hauptsächlich Radfahrer) scheinbar zufällig und unorganisiert treffen, um mit gemeinsamen und unhierarchischen Fahrten durch Innenstädte, ihrer bloßen Menge und dem konzentrierten Auftreten von Fahrrädern auf den Radverkehr als Form des Individualverkehrs aufmerksam zu machen. Verhaltensregeln bei der »Critical Mass« Die Gruppe fährt auf einer Spur. Die Gruppe bleibt kompakt und beisammen um durch den motorisierten Verkehr nicht zerrissen zu werden. Alles bleibt friedlich und lässt sich durch aggressive Autofahrer nicht provozieren. Der Verkehr wird nicht absichtlich gestört,es geht nicht um Verkehrsbehinderung anderer, sondern darum, sich als unmotorisierter Verkehrsteilnehmer ein Stück öffentlichen Lebensraumes, die Strasse, zumindest zeitweilig zurückzuerobern. Das Motto lautet: »Wir behindern nicht den Verkehr, sondern sind Verkehr!« Es gibt keinen Organisator oder Anführer, auch wenn die Polizei gerne so jemanden hätte. Die Geschwindigkeit bleibt moderat bei etwa 15 Kilometern pro Stunde. Jeder der mitfährt ist für sich selbst verantwortlich. Mehr als 15 Radfahrende können nach Paragraph 27 der Straßenverkehrsordnung einen »geschlossenen Verband« bilden, welcher allerdings für andere Verkehrsteilnehmende deutlich als solcher erkennbar sein muss. Für diesen Verband gelten sinngemäß die Verkehrsregeln eines einzelnen Fahrzeugs und er hat zum Beispiel – als wäre er etwa ein Sattelzug – in einem Zug über eine Kreuzung mit Ampel zu fahren, selbst wenn diese zwischenzeitlich auf Rot umschaltet. Dies wurde 1989 durch ein Urteil des Landgerichts Verden bestätigt. Für Teile eines »geschlossenen Verbands« gilt zudem auch nicht eine ausnahmsweise angeordnete Radwegbenutzungspflicht nach Paragraph 2 Absastz 4 Straßenverkehrsordnung: Sie dürfen zum Beispiel auch auf der Fahrbahn zu zweit nebeneinander fahren. Allerdings ist das Fahren im geschlossenen Verband nur dort gestattet, wo der übrige Verkehr nicht behindert wird. Nötigenfalls muss der Verband in einer Reihe fahren, da Paragraph 27 Absastz 1 Satz 1 der Straßenverkehrsordnung ausdrücklich Verbandsfahrten nicht von den übrigen Verkehrsvorschriften befreit, gelten auch unter anderem Paragraph 2 Absatz 4 Satz 1 der Straßenverekehrsordnung in Verbindung mit Paragraph 1 Absatz 1 und 2 der Straßenverkehrsordnung. Da Critical-Mass-Aktionen Fahrradfahren mit politischen Anliegen verknüpft, betrachtet der Soziologe Gregor Betz die Aktionen als »Hybrides Event«. Ab 100 Teilnehmern muss die Critical Mass genehmigt werden (Verwaltungsvorschrift zu Paragraph 29). Andernfalls gilt sie als übermäßige Straßenbenutzung und darf von der Polizei verhindert oder aufgelöst werden.