Gütersloh, nicht alles war in Stein gemeißelt

»50 Jahre kommunale Neuordnung« – zu diesem Thema hatte der städtische Fachbereich Kultur mit Stadtarchivar Stephan Grimm nach Isselhorst in die »alte Holtkämperei« eingeladen. »Hausherr« Siegried Kornfeld konnte gut 40 Besucher und Besucherinnen begrüßen, in der Mehrzahl solche, die seinerzeit an den Prozessen beteiligt gewesen waren und einiges zum Hintergrund beitragen konnten. Der Veranstaltungsort war mit Bedacht gewählt. Auch Isselhorst gehörte damals zu den bis dahin selbständigen Gemeinden, die 1970 ein Teil der Stadt Gütersloh wurden. Darauf verwies auch Lena Jeckel, Leiterin des Fachbereichs Kultur, in ihren einleitenden Worten. Danach ging es direkt hinein in die geschichtliche Entwicklung der Region. Beim Umfeld von Gütersloh handelt es sich um eine sehr heterogen geprägte Landschaft mit vielen kleinen Ortschaften, die für sich eigene Bürgermeister und Räte, aber in der Regel keine ausgewiesene Verwaltung ihr Eigen nennen konnten.

Dem wollte das Land Nordrhein-Westfalen entgegenwirken; es sollten effizientere Strukturen geschaffen werden mit dem Hintergrund, den Ortscharakter der einzelnen Stadtteile weiter zu fördern, aber Verwaltung und weitergehende Unterhaltungsangebote zu bündeln. Dieser Ansatz kam Gütersloh sehr zugute: schon seit 1847, als es mit 47 Hektar Größe die kleinste Gemeinde Preußens war, litt es unter chronischer Raumnot. Zwar war durch die Anbindung an die Bahnstrecke Köln-Minden, die Wiedenbrück seinerzeit dankend abgelehnt hatte, sowie den kurzen Weg zur Autobahn A2 der logistische Aspekt sehr gut abgedeckt, aber es mangelte an der Möglichkeit der Bereitstellung von Gewerbegebietsflächen. Aber auch die »Dörfer« profitierten von der Zusammenführung – durch die wirtschaftliche Entwicklung ebenso wie durch die gemeinsame Verwaltung und sich daraus ergebende Synergie-Effekte. Schwerpunkt des Erzählcafés in der Holtkämperei waren allerdings die Entwicklungen, die im Nordkreis Gütersloh vor sich gingen.

Der Altkreis Halle wehrte sich seinerzeit – so geht es aus einschlägigen Quellen hervor - energisch dagegen, dem neuen Kreis Gütersloh zugewiesen zu werden, da alle Verkehrswege Richtung Osnabrück und Bielefeld gingen. Und auch im Kirchspiel Isselhorst, das neben der Ortschaft selbst auch Niehorst, Hollen, Ebbesloh und Holtkamp beinhaltete und das vorher vom Amt Brackwede verwaltet wurde, gingen die Interessen auseinander. So war auch der damalige Amtsdirektor von Brackwede, Busse, stark daran interessiert, möglichst viele Ortschaften in seinem Bezugsbereich zu behalten. Dies mündete letztendlich in den überraschenden Zustand, dass Holtkamp laut Empfehlung des Regierungspräsidenten in Detmold dem Kreis Gütersloh angehören sollte, aber in der endgültigen Zuweisung dann doch Brackwede zugeschrieben wurde, das dann wiederum in Bielefeld aufging. Sämtliche Dokumente und Akten des Kirchspiels Isselhorst vor 1970 sind in Bielefeld als Rechtsnachfolgerin des Amts Brackwede archiviert. Ãœberhaupt war in den 70’er-Jahren des letzten Jahrhunderts nicht alles so in Stein gemeißelt, wie es sich heute darstellt. Seitens des Amtes Brackwede liefen Bestrebungen, eine Art »Kragenkreis« um Bielefeld zu konstituieren und Gütersloh aufgrund seiner Nähe zu Bielefeld nicht als Kreisstadt festzusetzen, sondern ihr den Status einer kreisfreien Stadt zu verleihen. Ãœber die Gesamtentwicklung in diesen Jahren, über den Weg in die Stadt Gütersloh und die Berichterstattung dazu informiert eine kleine Ausstellung, die jetzt im Stadtarchiv Gütersloh an der Moltkestraße 47 zu sehen ist.

Öffnungszeiten

Dienstags, mittwochs und donnerstags 10 bis12.30 Uhr, dienstags und donnerstags auch 14 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung.