Fibromyalgie Syndrom kann zu einer Schwerbehinderung führen und Nachteilsausgleiche bewirken, Selbsthilfeinitiative: »Erwerbsminderung ist bei diesem Krankheitsbild allerdings nur selten gegeben!«

Konstanz, 25. März 2023

Das #Fibromyalgie #Syndrom galt lange Zeit als ein wenig greifbares Krankheitsbild, dessen Ursache und medizinische Einordnung stets umstritten war und häufig als Verlegenheitsdiagnose gestellt wurde. Dabei sind die Herkunft und Auswirkungen dieses chronischen Schmerzzustandes an Sehnen, Muskeln und Fasern sowie ihn häufig begleitende #Müdigkeit, #Magen #Darm #Beschwerden, #Depression und Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit mittlerweile weitgehend geklärt und damit auch das Ausmaß des individuellen Leidensdrucks und der Funktionsbeeinträchtigungen, die sich aber nur schwer objektivieren lassen. Dieser Auffassung ist der Leiter der bundesweit aktiven Selbsthilfeinitiative zu Chronischem #Erschöpfungssyndrom (CFS) und Fibromyalgie, Sozialberater Dennis Riehle: »Deshalb haben es Betroffene häufig auch sehr schwer, ihre Ansprüche bei Ämtern, Behörden und Versicherungen durchzusetzen. Allerdings gibt es auf Grundlage von Gerichtsurteilen der letzten Jahre durchaus eine Orientierung, was Fibromyalgie #Patienten zustehen kann und welche Voraussetzungen hierfür gegeben sein müssen«, erläutert der 37 jährige, der seit 2014 selbst erkrankt ist.

So lasse sich aus einem Beschluss des Bundessozialgerichts (16. März 2016, Aktenzeichen B 9 SB 85/15 B) ableiten: »â€žEin primäres Fibromyalgie-Syndrom ist bei der Prüfung einer Schwerbehinderteneigenschaft unter dem Gesichtspunkt einer rheumatischen, orthopädischen oder Weichteilerkrankung gemäß des entsprechenden Abschnitts der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu bemessen. Handelt es sich um ein vorwiegend sekundäres (reaktives) Fibromyalgie-Syndrom mit dominierend psychogener Komponente, insbesondere einer Störung in der funktionellen Schmerzverarbeitung, kann eine Beurteilung auch äquivalent zu psychischen und psychovegetativen Krankheitsbildern unter dem entsprechenden Abschnitt der Versorgungsmedizinischen Grundsätze vorgenommen werden«, schlussfolgert Dennis Riehle, der auch auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin Brandenburg vom 12. Februar 2022 mit dem Aktenzeichen L 13 SB 173/21 aufmerksam macht, wonach eine Fibromyalgie mit vornehmlicher Störung der Schmerzverarbeitung mit einem GDB (Grad der Behinderung) von 50 bewertet werden und damit also eine #Schwerbehinderung darstellen könne.

Weiterhin verweist Riehle auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (11. August 2015, Aktenzeichen B 9 SB 1/14 R): »â€žHieraus kann man interpretieren, dass ein Fibromyalgie-Syndrom kann auch bei vorwiegend psychogener Natur der Schmerzverarbeitungsstörung zu einer Anerkennung des Merkzeichens ‚G‘ (erhebliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit) führen kann, wenn das Ausmaß der schmerzbedingten Gehbehinderung mit jener einer überwiegend körperlichen ausgelösten Gehstörung vergleichbar ist«. Und auch in Bezug auf eine mögliche Erwerbsminderung wurde bereits juristisch entschieden. Der in Sozialrecht zertifizierte Psychologische Berater blickt hierfür auf das Urteil des #Landessozialgerichts #Nordrhein #Westfalen vom 16. Mai 2019 unter dem Aktenzeichen L 8 R 350/17 und referiert dazu: »Das Fibromyalgie-Syndrom muss bei isoliertem Erscheinungsbild mit ausschließlicher Schmerzsymptomatik und begrenzten Folgen für die psychovegetative #Gesundheit und den Stützapparat und Halteapparat nicht zwingend zu einer (teilweisen) Erwerbsminderung führen. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Auswirkungen der vorliegenden Funktionsstörungen auf die Arbeitsleistung, welche durch fachmedizinische Begutachtung – regelhaft auch psychiatrisch – festzustellen sind«, so Dennis Riehle zu dieser Entscheidung.

Führe man diese Rechtsprechung weiter, ergebe sich auch ein Hinweis, ob und wann eine Fibromyalgie Pflegebedürftigkeit auslöse: »Ein Fibromyalgie Syndrom gilt mit einem bei unkomplizierten Verläufen Grad der Behinderung von maximal 50 als mäßiggradige chronische #Erkrankung, die insofern zu einer Einordnung in höchstens Pflegegrad 1, in schweren Fällen in Pflegegrad 2, führen kann«, sagt Dennis Riehle, der bereits mehr als 3.000 Patienten beraten hat. Insgesamt sei man also mit der Erkrankung nicht alleingelassen. Wichtig bleibe aber, sich die Diagnose fachärztlich anhand der aktuell geltenden Kriterien bescheinigen und das Ausmaß der Symptome auf die Alltagsfähigkeit attestieren zu lassen: »Heute blickt man nicht mehr allein auf die sogenannten Triggerpunkte auf dem Körper, welche zumeist Ausgangspunkt für die Schmerzproblematik sind. Viel eher wird nun der syndromale Charakter der Erkrankung in den Blick genommen, also die vielseitigen Probleme des Störungsbildes, ob nun medizinischer, psychologischer oder sozialer Natur. Entsprechend der multimodalen und ganzheitlichen Perspektive gelingt es besser, die Herausforderung für Betroffene zu verstehen«.

Die kostenlose Psychologische und Sozialberatung der Selbsthilfeinitiative ist #online erreichbar.