NDR: Wurstprodukte von Wiesenhof und Wiltmann laut Hochschule positiv auf Separatorenfleisch getestet

Hamburg, NDR, 23. Juni 2022

Deutschlands größter Schlachtkonzern steht laut NDR zusammen mit anderen Betrieben unter Verdacht, in Geflügelwurstprodukten Separatorenfleisch zu verarbeiten – ohne dies wie gesetzlich vorgeschrieben zu kennzeichnen. Hierfür haben Laboruntersuchungen des Bremerhavener Hochschulprofessors Stefan Wittke für den #Spiegel und den #NDR konkrete Indizien geliefert. #Separatorenfleisch wird erzeugt, indem Maschinen Tierkörper oder grob zerkleinerte #Knochen mit Fleischresten durch Lochscheiben hindurchpressen. #Knochensplitter und #Knorpelteile bleiben hängen, alle weichen Teile wie etwa Muskulatur, Fett und Bindegewebe oder auch Rückenmark werden abgepresst. Dabei entsteht eine breiartige Masse, die nur Centbeträge pro Kilogramm kostet.

NDR und Spiegel hatten insgesamt 30 Geflügelwurstproben und Geflügelfleischproben verschiedener Hersteller zur Prüfung in Blindtests eingereicht. Neun davon wurden positiv getestet – darunter vier Bio-Wurstwaren. Unter den 20 Wurstproben war fast jede 2. #positiv. Dagegen fand sich bei den untersuchten 10 Aufschnittproben mit Stückfleisch aus #Filet, #Kassler oder #Braten kein Indiz für Separatorenfleisch. Forscher Wittke hat ein neues, peer review geprüftes Verfahren entwickelt, um diese Zutat in Wurstprodukten nachzuweisen. Bislang war dies de facto kaum möglich.

5 der 9 positiv getesteten Produkte wurden von der in Böklund ansässigen Zur Mühlen Gruppe hergestellt, die zur Unternehmensgruppe gehört. Ebenso waren 2 Produkte des ostwestfälischen Herstellers Franz Wiltmann sowie je 1 Produkt der Hersteller Wiesenhof und der Mecklenburger Landpute GmbH unter den Positivfällen. Verkauft wurden diese Waren unter Markennamen wie #Gutfried, #Edeka #Bio, Rewe Bio oder Rewe Beste Wahl. Nirgends war »Separatorenfleisch« auf der #Verpackung angegeben.

Die Sprecher dreier Firmen, die zur Holding gehören, stritten den Einsatz von Separatorenfleisch ab – und zweifelten die Aussagekraft der Untersuchungsmethode an. Wiesenhof teilte mit, dass in der betroffenen Geflügel Mortadella kein Separatorenfleisch enthalten sei. Bei der Untersuchungsmethode der Hochschule Bremerhaven handle es sich »lediglich um einen neuen wissenschaftlichen Ansatz zum möglichen Nachweis, der […] keine solide Basis ist«. Regelmäßig durchgeführte eigene Tests auf Basis anerkannter Methoden bewiesen das Gegenteil. Eine Wiltmann-Sprecherin erklärte: »Wir setzen in unserer Produktion an keiner Stelle ›Separatorenfleisch‹ ein. Wir lehnen dessen Einsatz aus qualitativen Gründen entschieden ab.« Und auch eine Sprecherin der Mecklenburger Landpute GmbH schrieb, man setze kein Separatorenfleisch ein.

Kontrollbehörden sind angetan von dem neuen Prüfverfahren. »Es scheint für mich sehr zukunftsweisend zu sein«, sagt Matthias Denker, Dezernatsleiter des Landesamts für #Lebensmittelsicherheit in Mecklenburg Vorpommern.

Verbraucherschützer zeigten sich alarmiert. »Wenn Fleischkonzerne Separatorenfleisch verwursten, ohne auf den Produkten darauf hinzuweisen, ist das Verbrauchertäuschung im großen Stil«, sagte Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg. Matthias Wolfschmidt von der Organisation #Foodwatch sprach von »#Betrug an den #Verbrauchern«, sollte sich der Verdacht bestätigen: »Die Ware dürfte nicht verkauft werden.«

Ãœber das Thema berichten die ARD Sendung »Panorama« (NDR) am Donnerstag, 23. Juni 2022, um 21.45 Uhr im #Ersten sowie die Dokureihe »45 Min: Geheimsache Wurst – was essen wir da?« am Montag, 27. Juni 2022, um 22 Uhr im NDR #Fernsehen. Anschließend sind die Sendungen in der #ARD #Mediathek zu sehen.