Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) fordert nach dem Abzug der internationalen Truppen ein umfassendes Engagement von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft für Afghanistan. Er legte dazu heute in Bonn grundsätzliche Überlegungen für die Unterstützung afghanischer Studenten und Forscher in den kommenden Jahren vor.

»Uns haben in den letzten Tagen und Wochen dramatische und oftmals herzzerreißende Nachrichten von Partnerinnen und Partnern aus dem Hochschulsektor in Afghanistan erreicht«, sagte DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee. »In enger Abstimmung mit den deutschen Behörden haben wir versucht zu helfen, wie es uns als wissenschaftliche Förderorganisation aus Deutschland möglich gewesen ist. Mit dem Ende der Evakuierungen müssen wir in Deutschland nun sehr schnell Programme und Maßnahmen entwickeln, um den Menschen in Afghanistan weiterhin zur Seite zu stehen. Denn eines ist für uns auch nach der neuerlichen Machtübernahme durch die Taliban klar: Wir dürfen nach 20 Jahren Aufbauarbeit in Afghanistan das Land und seine Menschen nicht aufgeben«, so Mukherjee weiter. Geeignete Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen in das deutsche Bildungssystem und zur Gestaltung von Bildungskooperationen könnten wichtige Beiträge leisten.

Als Förderorganisation für den akademischen Austausch hat der DAAD vier Felder definiert, in denen zeitnah Programme und Maßnahmen für Studierende und Forschende aus Afghanistan aufgesetzt oder erweitert werden sollen. Dies sind konkret:

  • der Ausbau der Förderung von Studierenden und Forschenden in Nachbarländern Afghanistans sowie in der Region, beispielsweise in Usbekistan und in der Türkei;
     
  • der Ausbau der Förderung für besonders bedrohte afghanische Studenten und Forscher in Deutschland;
     
  • die Entwicklung von »Leadership«-Programmen zur Vorbereitung der jungen afghanischen Generation auf eine Post-Taliban-Zeit;
     
  • die Beibehaltung und der Ausbau der erfolgreichen und bewährten Programme für die Integration von Flüchtlingen an deutschen Hochschulen.

Mit Maßnahmen in diesen vier Feldern könne man schnell Unterstützung für afghanische Studenten und Forscher ermöglichen, so der DAAD-Präsident. Der DAAD arbeite an einer Strategie für die vier Handlungsfelder und stimme sich darüber mit Partnerorganisationen, Hochschulen und der Bundesregierung ab. »Wir gehen davon aus, dass die Bundesregierung unsere Ãœberlegungen aufgreifen wird, und erwarten, dass der Deutsche Bundestag die notwendigen Ressourcen in den kommenden Jahren zur Verfügung stellen wird. Wir müssen unsere Verantwortung für Afghanistan auch in der vor uns liegenden schwierigen Zeit und unter widrigen Bedingungen wahrnehmen«, stellte Mukherjee fest.

Hintergrund

Der DAAD hatte seit 2002 Studenten, Forscher und Projekte der Hochschulzusammenarbeit in Afghanistan mit rund 50 Millionen Euro gefördert. Darunter befanden sich knapp 1.100 Promovierende und Master-Studenten als Stipendiatinnen und Stipendiaten an deutschen Hochschulen. Zudem unterstützte der DAAD insgesamt rund 240 Lehr- und Forschungsprojekte von deutschen Hochschulen mit afghanischen Partnerinstitutionen. Eindrückliches Beispiel eines der geförderten deutsch-afghanischen Forschungsprojekte ist der »National Atlas of Afghanistan«. Mit dem 2014 erschienenen Nationalatlas wurden erstmals verlässliche, wissenschaftlich fundierte Informationen über Ressourcen, Infrastruktur, Natur und Kultur des Landes zusammengetragen und veröffentlich. Weitere Förderungen fanden in den Fächern Informatik, Wirtschaftswissenschaften, Naturwissenschaften, Geowissenschaften, Deutsch als Fremdsprache und Medizin statt.