Berlin (ots) Immer mehr Unternehmen werben massiv damit, beim Kauf eines ihrer Produkte einen Baum zu pflanzen. Die Palette des Angebots reicht mittlerweile über Kreditkartenanbieter, Baumärkte, Lebensmittelhersteller und sogar Kondomproduzenten. Nach Einschätzung von Christopher Reyer, Leiter der Arbeitsgruppe Wald- und Ökosystemresilienz am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), sind einige davon durchaus kritisch zu betrachten.

Denn ob aus den vielen vollmundig angekündigten Pflanzungen wirklich der nachhaltig angelegte Wald entsteht, der deutlich zur Kohlendioxydreduzierung beiträgt, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Viele der Setzlinge überleben nicht, erklärt Reyer gegenüber dem RBB-Fernsehen. Die Vorstellung, dass aus dem gekauften Setzling wirklich bald ein großer Baum wird, sei deshalb unrealistisch. »Es ist irrelevant, wie viele Bäume am Anfang gepflanzt wurden. Und da kann man natürlich rein interpretieren, dass eine höhere Anzahl immer besser aussieht für ein Unternehmen. Wichtig ist nur, dass aus den gepflanzten Bäumen ein gut entwickelter Wald wird, mit großen kräftigen Bäumen. Denn nur große Bäume speichern Kohlendioxyd fürs Klima.« Solange das nicht nachweisbar ist, bestünde das Risiko, dass die Leute sich einfach nur entlastet fühlen, so der Experte weiter.

Das Verbrauchermagazin »SUPER.MARKT« widmet sich in seiner neuesten Ausgabe der Frage, woran man nachhaltige Projekte von reinen Marketingaktionen unterscheiden kann. Projekte der Deutschen Bahn, eines Kondomherstellers und einer Baumarkt-Kette werden hinterfragt. Letztere wirbt zum Beispiel damit, eine Million Bäume in Deutschland zu pflanzen. Kundinnen können für nur 3,95 Euro einen Baum spenden. Bislang wurden nach eigenen Angaben rund 400.000 Setzlinge in die Erde gebracht. Dass diese nicht alle überleben werden, aber trotzdem eine Million Bäume aus dem Werbeversprechen im Gedächtnis bleiben, sieht Thorsten Kosmol von der Geschäftsleitung Bauhhaus Berlin nicht als Widerspruch. »Wir sind ein Handelsunternehmen. Wir sind auf die Werbung und auf die Medien angewiesen, das ist ja ganz klar. Marketing nach außen wird so kommuniziert.«

Der Kondomhersteller Releaf wirbt mit dem Spruch »Ein Bumms, ein Baum«. Für jedes verkaufte Präservativ soll ein Baum in Afrika gepflanzt werden, und zwar Mangroven. Die Kosten für Lohn und Pflanzen sind ungleich geringer als in Deutschland, die Gewinnmarge bei Kondomen jedoch sehr hoch.

Klima-Experte Christopher Reyer rät Spendern, nicht jedes Werbeversprechen für bare Münze zu nehmen. »Wenn da eine vertrauenswürdige Organisation dahintersteckt, die ein gewisses Renommee zu verlieren hat, dann ist das ein wichtiges Kriterium. Und wenn man klar verorten kann, wo das Projekt stattfindet.« Wenn hingegen ein Hersteller ausschließlich damit wirbt, irgendwo Bäume zu pflanzen, sollte man skeptisch sein.

Mehr zum Thema im Verbrauchermagazin »SUPER.MARKT«, am Montag, 23. August 2021, um 20.15 Uhr im RBB und in der RBB-Mediathek.