Marsberg (lwl). 45 Jahre lang hat Beate Richter als Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Klinik Marsberg des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) gearbeitet. Anlässlich ihres Ruhestands blickt sie zurück auf fast ein halbes Jahrhundert bewegte Psychiatrie-Geschichte.

»Ich hole meine Papiere ab und gehe da nie wieder hin.« Nach ihrem ersten Arbeitstag war das für Beate Richter glasklar. Es ist der 1. Oktober 1977 – ein Samstagnachmittag und gleichzeitig ihr erster Arbeitstag im Sankt-Johannes-Stift. »Die Schwestern des Vincentiner-Ordens statteten uns mit einer weißen Schürze aus. Ganz wichtig: die Schleife hinten musste schön gebunden sein! Durch unterirdische Versorgungsgänge brachten sie uns zur Station. Wir wussten nicht, was uns erwartet.« Bis zu dem Zeitpunkt hatte die damals 20-Jährige keinerlei Infos, wie es in so einer Einrichtung aussieht, wer dort lebt und was ihre Aufgaben sein könnten. Im Vorstellungsgespräch sei dies kein Thema gewesen, das habe nur zehn Minuten gedauert. Beate Richter sagt: "Das war ein absolutes Blind Date." In der Station angekommen, sah sie Patientinnen in kleinen Gruppen an Tischen sitzend und einen großen Tisch voll mit Stopfwäsche. «Dies war meine erste und einzige Aufgabe an dem Tag. Die restliche Zeit bin ich den Mitarbeiterinnen hinterhergelaufen. Am Ende des Tages war für mich klar: Das wird nicht meins. Dafür habe ich kein Abi gemacht.«

Fest entschlossen zu gehen, trat sie dennoch ihren Dienst an und traf auf eine Schulfreundin, die die Station leitete. Diese nahm Richter sofort zur Seite und begann, ihr alles zu zeigen und zu erklären. »Ich hatte gar keine Chance, meinen ursprünglichen Entschluss umzusetzen. Und dafür bin ich ihr bis heute dankbar.«

Beate Richter hat den Beruf als Gesundheits- und Krankenpflegerin mit all seinen Facetten kennen- und lieben gelernt. Schon kurz nach dem Examen wechselte sie in die Pflegedienstlei-tung, die letzten Jahre auch als Abwesenheitsvertretung der Pflegedirektorin. »Ich konnte an vielen Verbesserungen mitwirken. Und zwar gemeinsam. Das Miteinander und die Kommunikationskultur waren dabei ein tragender Baustein.«

Nach 35 Jahren Kinder- und Jugendpsychiatrie wechselte Richter schließlich in die Erwachsenpsychiatrie. »Das war nochmal eine ganz andere Sicht auf Psychiatrie. Da musste ich einiges hinzulernen.« Mit den Entwicklungen in ihrem Berufsfeld hielt sie Schritt: »Der Pflegeberuf ist nicht mehr Wäsche stopfen und Fußböden bohnern, sondern erfordert eine hohe Qualifikation und hat viele Spezialisierungsmöglichkeiten. Die Jahre haben mich nicht nur beruflich gefordert und gefördert, sondern auch persönlich.«

Mit dem Ruhestand verändert sich Beate Richters Leben noch einmal. In ihrem Heimatdorf freuen sich die Enkelkinder auf die Oma. »Bei Zwillingen gibt es immer etwas zu tun. Da kann ich meine Tochter unterstützen und wenn noch Zeit bleibt, freue ich mich auf die Gartenarbeit und die Reaktivierung schlummernder Kontakte.«