Die Corona-Pandemie hat es freischaffenden Künstlern nicht leichter gemacht sich und ihre Arbeit der Öffentlichkeit zu präsentieren. Daher ist die Ausschreibung des Fachbereichs Kultur, ausgewählten Künstlern mittels eines virtuellen Atelierrundgangs eine digitale Möglichkeit hierzu anzubieten, auf erfreulich große Resonanz gestoßen: 20 Bildende Künstler aus der Stadt und dem Umland von Gütersloh haben sich beworben. Um der Bandbreite der im Kreis Gütersloh tätigen Kunstschaffenden gerecht zu werden, hatte sich die Ausschreibung gezielt an professionelle wie Hobbykünstler gerichtet, und sollte allen hier künstlerisch Tätigen die Chance geben, mittels eines virtuellen 360-Grad-Atelierrundgangs einen Einblick in ihr Schaffen zu geben. In Kooperation mit dem Fachbereich hat die externe Kuratorin Birgit Laskowski nun fünf Gewinner unter den Bewerbungen ausgesucht. Neben der künstlerischen Qualität wurde dabei bei der Auswahl das Augenmerk auf eine ausgewogene Zusammenstellung gerichtet, in der sowohl formal Ausgebildete wie auch Autodidakten vertreten sind. Die Wahl dieser fünf Positionen fiel nicht leicht, da alle Bewerber sich trotz unterschiedlicher Prämissen mit großer Kontinuität und Konsequenz qualitätsvoll künstlerisch betätigen. Daher repräsentiert die Auswahl nun ältere wie jüngere und sowohl weibliche wie männliche Positionen. Sie deckt verschiedene mediale Arbeitsweisen ab – klassischere wie innovativere künstlerische Ansätze. Nicht zuletzt war auch eine Varianz der vorgestellten Atelierräumlichkeiten erzielt worden: Der virtuelle Rundgang ermöglicht den Blick hinter die Kulissen und zeigt auf, unter welch unterschiedlichen Produktionsbedingungen und in welch individuellen räumlichen Kontexten Kunst im Kreis Gütersloh entsteht. Die virtuellen Rundgänge ermöglichen den Blick hinter die Kulissen und zeigen auf, unter welch unterschiedlichen Produktionsbedingungen und in welch individuellen räumlichen Kontexten Kunst im Kreis Gütersloh entsteht. Franziska Jäger Franziska Jäger malt in Acryl auf Leinwand und fertigt Druckgrafik, die in ihrer eigenen Werkstatt mit Radierpresse hergestellt wird. Ihre ausdrucksvolle gestische Malerei, für deren Entstehung die junge Malerin teilweise noch in tradierter Manier Staffeleien nutzt, ist gegenständlich. Durch einen raffinierten Wechsel zwischen stärker ausgearbeiteten und freien Bildpartien changieren die Gemälde aber zwischen Figuration und Abstraktion, wahren eine große emotionale Offenheit und lassen dem Betrachter so Freiraum für seine eigenen Interpretationen. Das Ambiente ihres Ateliers in Harsewinkel und die Rolle der Künstlerin selbst sind immer wieder Inhalt der Bilder, die den atmosphärischen Charakter von spontanen Momentaufnahmen haben. Die freie Setzung von Aquatinten verleiht den auch druckgrafischen Werken der Künstlerin ebenfalls eine malerische Wirkung. Eine 100 Jahre alte, umgebaute Wäschemangel findet hierbei noch als Druckpresse Anwendung. Easteregg: Wer findet das Schwein im Atelier? Wer es im virtuellen Rundgang entdeckt und eine E-Mail an Franziska Jäger sendet erhält eine handgedruckte Postkarte zugeschickt. Zum virtuellen Atelier von Franziska Jäger … Bettina Kottmann Die Bildhauerin Bettina Kottmann lässt sich von den Vorgaben ihres Werkstoffs leiten: Ihr Material sind Hölzer aller Art. Die Formentwicklung ihrer abstrakten Skulpturen, die sie in ihrem Zuhause in Rheda-Wiedenbrück schafft, entsteht aus der genauen Beobachtung von Beschaffenheit und Maserung ihrer Rohlinge. Dies scheint man in den fertigen Objekten zu spüren, die in ihrer Perfektion eine fast zwingende Konsequenz ausstrahlen, als hätte sich das Material mithilfe der Hand der Künstlerin selbst Ausdruck verliehen und nicht umgekehrt. Durch die gezielte Mehransichtigkeit der Werke verführen sie zur Erkundung aus verschiedenen Blickwinkeln und zu einer vielfältigen Deutung. Bei all ihrer Perfektion strahlen die von den wechselnden Binnenstrukturen und Farben der Hölzer durchzogenen Skulpturen Wärme und Lebendigkeit aus. »Die im Rundgang bezeichnete Figur ›Außer Haus‹ zeigt nicht diese, sondern das Werk ›Aus der Art‹ von 2019: Das sonst eher ruhige Ahornholz zeigt in diesem Stück viel Lebendigkeit und regt an zur Auseinandersetzung mit dem Thema Andersartigkeit.« Zum virtuellen Atelier von Bettina Kottmann … Jörn-Peter Lorenz Jörn-Peter Lorenz findet sein Material auf Schrottplätzen, Flohmärkten und bei Trödlern. Altmetalle und Alltagsgegenstände, die mitunter trotz ihrer aufwendigen industriellen Produktion inzwischen ihren Gebrauchswert verloren haben, erfahren in seinem »künstlerischen Recycling« eine neue Aufwertung und gestalterische Einbindung in unerwartete Zusammenhänge. Der Künstler schöpft aus den Resten unserer Ãœberflussgesellschaft und komponiert seine Fundstücke zu fantasievollen neuen Arrangements – Plastiken, mosaikartig zusammengesetzten Bildern und quasi wiederbelebten Gebrauchs-Gegenständen. Zunehmend mäandern diese Kompositionen auch installationsartig in den Raum hinein: So wandelt sich nach und nach seine »Kunstwerkstatt Lorenz« in Gütersloh in einem ehemaligen Kutschenraum eines Bauernhofs selbst in ein anwachsendes buntes »Gesamtkunstwerk«. Zum virtuellen Atelier von Jörn-Peter Lorenz … Heinz Schößler Heinz Schößler betitelt sein malerisch in alten Ziegen- und Schweinestallungen eingerichtetes Atelier in Harsewinkel: »Kunst im Stall«. Dort widmet er sich seiner freien Malerei in verschiedenen Medien – in jüngerer Zeit vorwiegend Acryl und Jaxonkreide, die er in experimentierfreudiger Erprobung immer neuer, individuell entwickelter Techniken zusammen zur Wirkung bringt. Dabei entstehen ohne feste motivische Zielsetzung, in freier Entwicklung aus dem Arbeitsprozess heraus, äußerst kraftvolle und ausdrucksstarke Gemälde. In einem produktiven »Eklektizismus» scheinen Anklänge an künstlerische Positionen der klassischen Moderne auf: Kräftige Farben gehen fast kämpferisch gegen starke Konturen an, ein anderes Mal begegnen sich beide Komponenten weicher und spielerischer. Im Wechsel von Figuration und Abstraktion wird der Bildraum von den Formen und Farben erobert. Die Kompositionen wirken einerseits austariert, und dabei weiter in einer Metamorphose befindlich und halten so eine große Spannung. Zum virtuellen Atelier von Heinz Schößler … Jörg Spätig Jörg Spätig arbeitet im Atelierhaus »DaunTown« in Borgholzhausen, das ihm auch großzügige Fläche auf dem Außengelände für die Fertigung seiner plastischen Werke zur Verfügung stellt. Seine fantasievollen figurativen Werke sind Konglomerate aus einer Vielzahl von Materialien – Metall, Holz, Epoxiharz und Ziermetallen und entspringen surrealen Bildwelten: Mythische und märchenhafte Wesen sind da auf archaischen Gefährten unterwegs, Mischwesen zwischen Mensch und Tier, geheimnisvolle Reiter zwischen den Zeiten. Der gestalterische Prozess bleibt in den Oberflächen der Werkstoffe ansichtig, die Entscheidungen des Künstlers zwischen Aufbau und Wegnahme, Umformung und Ergänzung wirkt noch in der fertigen Gestalt nach. Die Figuren erzählen Geschichten, die der Betrachter nicht entschlüsseln muss, sie treten wie Protagonisten aus Träumen auf die Bühne, die zugleich amüsieren und beunruhigen. Zum virtuellen Atelier von Jörg Spätig …