In den Chor der vielerorts lautgewordenen Kritik an der »Pflegeversicherungsreform« des Bundesgesundheitsministers stimmt auch die Landesseniorenvertretung Nordrhein-Westfalen (LSV NRW) vernehmlich ein: »Als Interessenvertretung älterer Menschen sagen wir es deutlich und scharf: Eine nachhaltige Reform der seit Jahren betriebenen ›Flickschusterei‹ rund um die Finanzierung muss anders aussehen«, so betont der Vorsitzende Jürgen Jentsch für den Vorstand der LSV. Gefordert werden von der Dachorganisation der kommunalen Seniorenvertretungen so- wohl eine völlig neue Finanzierungsgrundlage der Pflegeversicherung als auch die Einführung von Personalbemessungs-Systemen. »Selbstverständlich sind wir für eine angemessenere Bezahlung der Pflegekräfte, aber die darf nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen«. Die im Gesetz vorgesehene, zeitlich gestaffelte prozentuale Erleichterung bei den Eigenanteilen sehen die Mitglieder des LSV geradezu als zynisch an: »Bei einer durchschnittlichen Verweildauer von nur gut sechs Monaten im Pflegeheim werden die erst nach einem Jahr Aufenthalt vorgesehenen Reduzierungen sehr viele Betroffene gar nicht mehr erreichen. Eine ursprünglich geplante Deckelung des Eigenanteils auf 700 Euro ist zudem sang- und klanglos versandet«, bedauert die LSV-Spitze. Ebenso wie die Bundesinteressenvertretung für alte und pflegebetroffene Menschen (BIVA) erwartet auch die Landesseniorenvertretung stark steigende Eigenanteile. »Die notwendige und völlig korrekte Tarifbezahlung der Pflegekräfte wird – so steht es zu erwarten – auf dem Rücken der Pflegebedürftigen finanziert«, befürchten Jürgen Jentsch und sein Vorstandsteam, wohin die Reise geht. Die Corona-Pandemie habe sehr deutlich gezeigt, was in der Pflege schon seit vielen Jahren nicht funktioniere. Dass sich mit der jetzigen Pflegereform daran vermutlich nicht viel ändern werde, erzürnt die Seniorenvertreter und -vertreterinnen. »Jetzt werden keine Probleme gelöst, sondern nur auf jene verschoben, die ohnehin belastet sind«, sagt Jürgen Jentsch und schließt sich der BIVA an: »Berlin bietet aktuell nur ein Pflästerchen für die großen Wunden des Pflegesektors«.