Was ist Kunst?

Emergenz in einem semantischen Sinn, nicht im Sinne eines philosophischen Materialismus, ist es im Grunde genommen auch, was Kunst ausmacht. Was sie vom Kunsthandwerk, von reiner Unterhaltung oder reiner Ästhetik unterscheidet. Ein Spaßvogel hat einmal gesagt, Kunst sei das, was man in Museen oder Galerien fände. Andere meinen, was Kunst sei, könne jeder für sich selbst entscheiden. Wieder andere sagen, »Kunst« käme von »Können«. Was natürlich Unsinn ist. Landläufig bezeichnet man sogar Gekonntes oder Elaboriertes als Kunst und Könner als Künstler. Beispielsweise spricht man von Dingen wie »Kampfkunst« oder »Kochkunst«. Oder von der »Schwarzen Kunst«.

Fehlinterpretation

Aber Kunst im kulturellen Sinne hat einen tieferen und höheren Sinn, dahinter steckt ein Gedanke, eine Idee, die nicht banal oder trivial ist. Dahinter steckt – mit Roger Willemsen gesagt – unter Umständen sogar ein Einfall. Der Künstler will damit etwas sagen und sagt damit auch etwas. Allerdings ist unbedingt auch ein Kontext oder eine Erklärung nötig, sonst besteht die Gefahr der Fehlinterpretation oder der Unter- oder Überinterpretation. Oder gar der Nicht-Interpretation. Des Nicht-Erkennens oder Ignorierens der Aussage. Womit Kunst dann unter Umständen zur reinen Unterhaltung würde. Und da das Medium Botschaft und Selbstoffenbarung ist, wäre Kunst dem sonst unterworfen und damit beschränkt. Manche Künstler entziehen sich dem, indem sie weder einen Kontext noch eine Erklärung liefern. Das ist elitistisch und unter Umständen problematisch. Es sei denn, die Aussage wäre offensichtlich und auch tatsächlich so gemeint. Oder es gibt in Wirklichkeit gar keine oder nur eine banale oder triviale Aussage, dann wäre es aber auch keine Kunst in diesem Sinne. Und würde es auch nicht dadurch, dass der Rezipient eine Aussage hineininterpretierte. Was diese Kriterien erfüllt, ist wahre Kunst. Wobei die Grenzen in der Realität natürlich fließend sind. Der Begriff wird allerdings geradezu inflationär verwendet.

Geistige Schöpfungshöhe

Der Gesetzgeber spricht bei der Definition eines »Werkes« von einer »geistigen Schöpfungshöhe«, die erfüllt sein müsse. Ein Begriff, der sich schwer greifen lässt und einen großen Spielraum zulässt. Insofern ist es tatsächlich so, dass viele Werke klassischer Künstler gar keine Kunst, sondern lediglich Kunsthandwerk sind. Gemeint sind insbesondere Auftragsarbeiten oder rein kommerzielle Arbeiten. Obwohl diese als Kunst, unter Umständen sogar als große Kunst gelten. Beuys hat gezeigt, dass ein Werk keine materialistische Qualität haben muss, um als Kunst zu gelten. Auch wenn er einen absurden, überliberalen Kunstbegriff propagiert hat. Sogar schlecht gemachte Werke können somit Kunst sein. Sie haben dann zwar nur eine geringe Qualität, aber Kunst sind sie dennoch. Wichtig ist außerdem, dass nicht nur bildende Kunst Kunst ist. Nicht nur Bilder oder Skulpturen. Auch Musik, Theater, Literatur können Kunst sein. Die darstellende Kunst ist ebenso Kunst. Im Grunde genommen kann alles Kunst sein, was die besagten Kriterien erfüllt. Aber wenn man ehrlich ist: Wenn man »Kunst«Â hört, denkt man spontan an Gemälde. Wenn man »Kultur«Â hört, an Theater.