Wir versuchen, uns in die Kinder ’reinzufühlen, Theodorus Kinder Tageshospiz Hamburg

Hamburg, 29. März 2023

Was bedeutet es, ein schwerkrankes Kind im Theodorus Kinder Tageshospiz zu pflegen? Kerstin Klapper, examinierte Kinderkrankenschwester, erzählt über ihren Alltag, die schweren und die schönen Stunden.

Was ist das Besondere an der #Pflege im #Theodorus #Kinder #Tageshospiz?

Zum einen ist es ein totales Privileg, dass sich jede Pflegekraft um genau ein Kind am Tag kümmert. Man hat wirklich Zeit. Und gleichzeitig hat man ein Kollegium um sich, kann immer jemanden um Rat fragen, sich gegenseitig Tipps geben. Den Kindern kommt das natürlich sehr zugute, auch dass wir sie über so viele Jahre begleiten. Die Eltern vertrauen uns mit der Zeit, dass ihre Kinder bei uns gut aufgehoben sind. 

Was heißt denn »Pflege« bei lebensverkürzt erkrankten Kindern konkret?

Mit den meisten unserer Schützlinge können wir zum Beispiel nicht reden, viele können auch kaum sehen. Wir versuchen also, uns in die Kinder rein zu fühlen: Was braucht das Kind? Wie mache ich ihm eine Freude? Ich schaue vor allem auf die Mimik. Weinen ist natürlich ein ganz eindeutiges Signal, aber auch kleinere Regungen: Wirkt das Kind entspannt, atmet es ruhig oder angestrengt? Unsere Pflege reicht dabei von Medikamenten-Gaben, über die typische Grundpflege wie wickeln und waschen, bis zur Ernährung. Die meisten Kinder im Theodorus können selbst nicht mehr ausreichend essen und trinken und haben zusätzlich eine Magensonde. Sie können sich auch nicht selbst bewegen, müssen also vom Rollstuhl in das Pflegebett gehoben und gelagert werden. 

Wie groß sind die Unterschiede zwischen den Kindern?

Wenn ein Kind die Diagnose »lebensverkürzende Krankheit« hat, darf es zu uns kommen. Wir betreuen Kinder also nicht nur in der letzten Lebensphase. Zum Beispiel sind Kinder mit einem inoperablen Herzfehler häufig geistig ganz normal entwickelt. Mit denen kann ich reden, sie können laufen und sitzen. Und auf der anderen Seite geht es so weit, dass  Kinder eine schnell fortschreitende Erkrankung haben. Für sie übernehmen wir mit der Zeit fast alles: Schutzhosenwechsel, Unterstützung bei der Atmung, Verabreichung von Nahrung und Flüssigkeiten. Manche Kinder können sich auch nicht mehr selbst bewegen, müssen also vom Rollstuhl in das Pflegebett gehoben und gelagert werden. Andere benötigen auch zusätzlichen Sauerstoff und ihr Bronchialsekret muss abgesaugt werden, weil sie es nicht abhusten oder schlucken können. 

Wie muss man sich einen beispielhaften Tag für Dich vorstellen?

Wir holen die Kinder in der Regel von Zuhause ab. Die Eltern erzählen uns, ob es seit dem letzten Kontakt Besonderheiten gibt. Im Theodorus lassen wir die Kinder erst mal in Ruhe ankommen. Dann suche ich für uns einen bequemen Platz mit Lagerungskissen. Ab dann ist es ganz individuell, wann die Kinder Medikamente, Essen oder Flüssigkeit bekommen. Zwischendurch, je nachdem wie gut es dem Kind geht, geht man draußen eine Runde spazieren. Für viele Kinder kommt die #Physiotherapie, ein Hauslehrer oder unsere Musiktherapeutin im Lauf des Tages. Manche Kinder können auch noch aktiv spielen, zum Beispiel mit der Kugelbahn, Bauklötzen oder Rasseln. Mit anderen malen oder basteln wir, lesen ein Buch vor oder hören gemeinsam Hörspiele. Der eigenen Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt. Eine Stunde vor Abfahrt bereiten wir die Heimfahrt vor: Alles einpacken wie Sauerstoffflasche, Absauggerät, Inhalationsgerät, Pulsoximeter, Ladekabel – es muss ja zuhause auch alles wieder da sein und eine gründliche Wischdesinfektion aller von uns genutzten Flächen.

Was magst Du an Deiner Arbeit – was nicht?

Schwer finde ich die Tage, an denen ich das Gefühl habe, ich versuche mein Bestes zu geben, habe mir richtig was überlegt, aber dann merke: Dem Kind ist alles zu viel. Dann muss ich ihm einfach Ruhe verschaffen. Dann stresst die Kinder die kleinste Bewegung, löst vielleicht sogar epileptische Anfälle aus. Und das Schöne und Tolle ist, dass wir einen Teil der Last der Familien mittragen können. Dass Eltern, die ein so schwerkrankes Kind haben, nicht ganz alleine sind. Im privaten Bereich sagen manche zu mir: »Dass Du das kannst, im Hospiz arbeiten!« Aber ich sehe es so, dass wir in einer schweren Situation für Familien für Erleichterung sorgen. Es ist eine sinnvolle, schöne #Arbeit.

Und wie gehst Du damit um, wenn ein Kind stirbt?

Das belastet uns alle, da kann man seine Persönlichkeit auch nicht in privat und beruflich trennen. Wir kennen die Familien über Jahre und sind da auch dicht dran. Wenn wir merken, dass trotz all unserer Bemühungen eine Krankheit ständig fortschreitet, es einem Kind immer schlechter geht, ist es für uns alle schwer, das auszuhalten.

Warum hast Du Dich für diesen Beruf entschieden?

Als ich jung war hatte ich die Vorstellung, ich arbeite als Krankenpflegerin in der #Klinik und Kinder, die krank kommen, gehen danach wieder gesund nach Hause. Nach ein paar Jahren auf der Kinder Herzstation und der Leber-Nieren-Transplantationsstation wusste ich sehr schnell, dass es so nicht ist. Als ich nach einer längeren Pause mit meinen eigenen Kindern wieder angefangen habe zu arbeiten, bin ich bei einem Pflegedienst gestartet, der einen schwerkranken Jungen betreut hat. Mit ihm bin ich da langsam reingewachsen. 

Wann war ein Tag im Theodorus für Dich ein guter Tag?

Wenn ich das Kind am Abend wieder den Eltern übergebe und es ist entspannt und ich habe gar nichts zu berichten an Komplikationen – sondern nur, dass es dem Kind heute gut ging.

Theodorus Kinder Tageshospiz

Das Theodorus Kinder Tageshospiz ist eine teilstationäre Einrichtung für #Kinder, #Jugendliche und junge #Erwachsene im Alter von 0 bis 27 Jahren aus Hamburg und dem Umland mit einer lebensverkürzenden Erkrankung. Seit 2013 betreut das Team aus Pflegefachkräften tagsüber, an 365 Tagen im Jahr, schwerkranke Kinder und Jugendliche. Kleine #Glücksmomente und Zusammenhalt stehen vor Ort dabei immer im Vordergrund.