Bielefeld, FH Studentinnen entwerfen Kostümbild für Tanzperformance der Hochschule für Musik und Tanz in Köln

  • Wie formen unsere Körper Räume? Und können Räume unseren Körper formen? Antworten auf diese Fragen bieten #Tänzer der #Hochschule für #Musik und #Tanz in Köln in einer Live Performance. Das Kostümbild ist in Zusammenarbeit mit der #FH #Bielefeld entstanden.

Wir bewegen uns in Räumen und hinterlassen Spuren: Bleistiftabrieb beim Schreiben auf Papier, Hautschuppen und Haare, Abdrücke von Fingern und Füßen. Und während wir uns im Raum bewegen, füllen und formen wir ihn. Zugleich passiert auch das Umgekehrte: Räume formen unseren Körper.

Die Zeichnerin und Künstlerin Nicole Wendel und Prof. Jan Burkhardt, Hochschullehrer für Tanzpraxis am Zentrum für Zeitgenössischen Tanz (ZZT) der Hochschule für Musik und Tanz (HfMT) Köln, machen diese Phänomene in einer gemeinsam kreierten Tanzperformance erlebbar. Unter dem Titel »(N)on Site Bodies« präsentieren sie ihre Inszenierung unter anderem bei der Langen Nacht der Museen in Düsseldorf. Ein wichtiges Illustrationsmittel: die Kostüme. Und die sind in Kooperation mit der Fachhochschule (FH) Bielefeld entstanden.

Erneute Zusammenarbeit zwischen FH und ZZT

Maßgeblich daran beteiligt ist Isabel Pallas. Die Absolventin der Studienrichtung Mode designte das Kostümbild mit FH-Studentinnen in einem dreitätigen Workshop am Fachbereich Gestaltung. Veränderte Sehgewohnheiten spielten dabei eine wichtige Rolle, ebenso wie Minimalismus und Bewegung – und viel Freiheit in der Gestaltung. Als textile Grundlagen dienten fertige Kleidungsstücke, die aus Pallas‘ Abschlussarbeit stammten.

Es ist bereits die zweite Kollaboration zwischen der FH Bielefeld und dem ZZT. Im Sommer vergangenen Jahres konzipierte die Fachhochschule im Rahmen des internationalen »Global Water Dance« das Kostümbild für das Kölner Tanzzentrum. Damals wie heute initiierte Philipp Rupp, Professor für das Lehrgebiet Kollektionsgestaltung und Modedesign an der FH, die Kooperation. Gemeinsam mit ihm hatte Isabel Pallas nun auch die ersten Arbeitsschritte für den Workshop vorbereitet: Sie sichteten bestehende Probeteile und entwickelten erste Kostümideen. Dann präsentierte die 34 Jährige allen Beteiligten ihre Vorstellungen, nahm Vorschläge auf und an den Körpern der zehn Tänzerinnen und Tänzer Maß.

Mit Körpererweiterungen Wirkung auf Räume aufzeigen

»In dem Workshop ging es für die Studenten darum, die fertigen Kleidungsstücke teilweise auseinanderzunehmen und körperliche Erweiterungen zu kreieren«, so Pallas. Elemente wie Kragen oder Ärmel mussten beibehalten werden. Für die 10 bis 12 gewünschten »Erweiterungen« waren der Kreativität jedoch keine Grenzen gesetzt.

»Die Performance dreht sich darum, was der Körper mit dem Raum, in dem er sich bewegt, macht«, erklärt Isabel Pallas. »Wenn sich der Körper nun in bestimmten Bereichen durch das Kleidungsstück erweitert, wirkt dies auf den Zuschauer teilweise sehr ungewohnt.« Um diese verblüffende Wirkung zu erzielen, wurde in dem Workshop viel aufgetrennt, neu vermessen und wieder zusammengenäht. Die drei Bachelorstudentinnen Paula Intrup, Fiona Gohrke und Alba Gonska arbeiteten aber auch mit Druckknöpfen und Gummibändern als Verschlüsse. Zwischendurch wurden die Entwürfe diskutiert und die Teile aus Nessel und anderen Baumwollstoffen immer wieder anprobiert.

Der Körper verformt den Raum – und umgekehrt

Während etwa eine Schulterpartie mit einem breiten Stoffstreifen schlicht bekleidet ist, bahnt sich etwas tiefer ein überdimensionaler Puffärmel seinen Weg. Die räumlich versetzte Armerweiterung, die einem Hochzeitskleid entstammt, ist dabei mit einem Gummiband am Becken befestigt. »Die Schulter soll eine unbekannte Form abbilden und so den Einfluss des Raumes auf den Körper widerspiegeln«, erklärt Paula Intrup ihren Entwurf. »Die fremde Optik fordert unsere Sehgewohnheiten heraus.«

Hüftabwärts befindet sich ein zweites Kleidungsstück. Lange Falten werfend, ähnelt es einem Rock. »Diesen habe ich um ein Hosenbein und Rüschen erweitert, was die Hüfte stark betont, und sie sollen die Verformungen des Raumes durch den Körper beziehungsweise umgekehrt illustrieren.«

Kreativität ohne Prüfungsdruck und Leistungsdruck

Bei Fiona Gohrke, Modestudentin im sechsten Semester ist dagegen ein Oberteil mit markanter, eckiger Schulter, Gürtel und imposantem Kragen herausgekommen. Wie die anderen genießt sie die Freiheit im Arbeitsprozess. Die sonst üblichen umfangreichen Recherchen entfallen, es geht schnell voran. »Das liegt natürlich auch daran, dass wir mit bereits bestehenden Teilen arbeiten«, sagt sie. »Hinzu kommt die besondere, entspannte Atmosphäre«, ergänzt Kommilitonin Alba Gonska. »Hier können wir einmal ohne Prüfungs- und Leistungsdruck kreativ tätig sein.«

»(N)on Site Bodies« in Düsseldorf, Berlin und Almere

Isabel Pallas ist begeistert von den spannenden Kleidungsstücken, die auf diese Weise entstanden sind. »Die Studentinnen sind sehr engagiert«, sagt sie. »Es macht viel Spaß, gemeinsam kreativ an so einem Projekt zu arbeiten.« Pallas wird die entstandenen Erweiterungen noch schwarz einfärben und nach Köln bringen, sodass die Tänzerinnen und Tänzer sie schon ein wenig zu Hause ausprobieren können. Bei der Performance werden sie dann jeweils ihre Ausstellungsräume einnehmen. Mal individuell tanzend, dann wieder interaktiv mit dem Publikum agierend, oder auch als Gruppe rhythmisch und im Takt sich bewegend. Die Spuren, die sie dabei hinterlassen, werden mithilfe von Kreide und Wasser sichtbar gemacht.

»(N)on Site Bodies« findet am 11. Juni 2022 während der langen Nacht der Museen am KAI 10 in Düsseldorf statt. Zudem wird es zwei weitere Aufführungen Mitte Juli in Berlin sowie Anfang Oktober in Almere (Niederlande) geben.