DLR im Über­blick

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ist das Forschungszentrum der Bundesrepublik Deutschland für Luft- und Raumfahrt.

Von Sonnensegeln über Photovoltaikmodule bis hin zu entfaltbaren Weltraumflügeln, die ihre Funktionalitäten bei Ohrenkneifern und Libellen abgeguckt haben – die Versuche des DLR-Instituts für Faserverbundleichtbau und Adaptronik, die bei der 37. Parabelflugkampagne der Raumfahrtagentur im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit an Bord waren, standen ganz im Zeichen der »Entfaltung«.

Es ist nicht viel Platz an Bord von Raketen. Oft werden in der Raumfahrt funktionale Flächen benötigt, die vor dem Start kompakt sind, aber im Orbit sehr groß werden müssen. Beispiele dafür sind die photovoltaischen Solarmodule der ISS, Antennen an Satelliten zur Kommunikation und Erdüberwachung und zukünftig auch Bremssegel zum gezielten Abbremsen und somit für einen beschleunigten Wiedereintritt von ausgedienten Satelliten oder Sonnenblenden (Solar Shades) sorgen. Auch Sonnensegel zum Antrieb von Satelliten können zukünftig solche Anwendungen darstellen.

Doch vorher sind viele technische Herausforderungen zu lösen: Wie bekommt man beispielsweise große Segel, möglichst klein und leicht für den Transport? Was macht die dünnen, leichten Masten haltbar genug für riesige Weltraumflügel oder Photovoltaikmodule? Wie können die Verbindungsstücke zwischen Mast und Satellit die Kräfte, die auf sie einwirken, optimal halten?

Mit all diesen Fragen beschäftigen sich die fünf Experimente des Braunschweiger DLR-Instituts für Faserverbundleichtbau und Adaptronik, die mit dem Parabelflug am 23. Juli 2021 von Paderborn aus gestartet sind. In 31 Parabeln befanden sich die Forschenden jeweils für 22 Sekunden in Schwerelosigkeit und konnten so die Entfaltungsmechanismen unter ähnlichen Bedingungen wie im Weltraum durchführen.

Belastungstest für Kohlefasermasten für Weltraum-Sonnensegel

Gemeinsam mit der NASA untersuchte das DLR Möglichkeiten aus einer Box, die so groß ist wie eine Mikrowelle, ein Sonnensegel, das so groß ist wie ein Basketballfeld, zu entfalten. Die x-förmige Rückenstruktur des Segels, bestehend aus hohlen, rollbaren Kohlefasermasten, entfaltet sich und spannt gleichzeitig auch die Membran. Unterstützt von den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vom DLR hat die NASA für dieses Projekt einen 16 Meter langen, aufrollbaren Masten entworfen und gefertigt. Das DLR hat dazu den passenden Aufspul- und Entfaltungsmechanismus entwickelt.  Da das Team die Masten für den Einsatz im Weltraum und damit in der Schwerelosigkeit konstruiert, müssen diese auch unter Weltraumbedingungen im Parabelflug getestet werden. Unter normaler Schwerkraft würde schon das Eigengewicht reichen, um die Masten bei einer Länge von vier Metern brechen zu lassen.

Von Ohrenkneifern und Libellen zum »BionicWingSat«

Ein weiterer »Passagier« auf dem Parabelflug ist der »BionicWingSat«, ein entfaltbarer Weltraum-Flügel, der ebenfalls gemeinsam von DLR und NASA entwickelt wurde. Hier sind Insekten Vorbild, die beim Aufspannen von Flügeln keine einzelnen Elemente nutzen, sondern Systeme, in denen die einzelnen Elemente zu einem werden. Besonders die hocheffizienten faltbaren Flügel von Ohrenkneifern faszinierten die Forschenden. In puncto Stabilität nahmen sie die steifen und robusten Flügel der Libellen als Inspiration. Mit einem 3D-Druck-Fertigungsverfahren erzeugten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Weltraum-Flügelstruktur und untersuchten diese ebenfalls in der Schwerelosigkeit. Sie wollen testen, wie gut sich solche Flügel entfalten, wie flach sie gefaltet werden können und welche Kräfte auf Satelliten von ihnen ausgehen.

Bessere Verbindung zwischen Masten und Satelliten

Natürlich reichen Masten und Segel allein nicht aus, um eine entfaltbare Struktur für die Raumfahrt zu bauen. Aus diesem Grunde forscht und entwickelt das DLR immer wieder auch Entfaltungskontrollmechanismen. Diese müssen zum einen den starken Selbstentfaltungsdrang der Masten kanalisieren. Zum anderen müssen sie die Masten selbst stabil und sicher mit dem tragenden Satelliten verbinden. Über die vielen Entwicklungen fiel den Forschenden auf, dass die Stabilität an dem Punkt, an dem der Mast den Abrollmechanismus verlässt, seine Schwachstelle hat. Ausgerechnet diese Stelle ist aber am stärksten belastet. Das DLR hat hier zwei neue Konzepte entwickelt, bei denen der Mast auf ganz unterschiedliche Weise an der kritischen Stelle unterstützt wird.

Photovoltaik trifft Folie

Der Energiebedarf der Satelliten steigt stetig. Ein Großteil der Raumfahrzeuge nutzt heute als primäre Energiequelle Photovoltaik. Um als Alternative für die schwereren Ionenbatterien nutzbar zu sein, benötigen die Photovoltaikmodule immer größere Flächen, die besonders leicht und kompakt verstaubar sein müssen. Herkömmliche Module bestehen aus vielen, mit Photovoltaikzellen belegten Platten. Sie sind untereinander mit Gelenken verbunden und lassen sich für den Raumtransport aufeinander falten. Für sehr große Module kommt diese Bauweise jedoch schnell an ihre Grenzen. Die Idee der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Anstatt der dicken Platten wird eine dünne Folie als Trägermaterial der Photovoltaikzellen benutzt. Die Folie wird für den Raumtransport auf einen zylindrischen Kern aufgerollt und kann so platzsparend verstaut werden. Um die Folie im Orbit entfalten zu können, wird ein ebenfalls aufrollbarer Mast aus dünnem und flexiblem Kohlefaserverbundmaterial mit der Folie aufgewickelt. Der Mast verfügt über einen Entfaltungsmechanismus, der nicht nur die Entfaltung des Photovoltaikmoduls ermöglicht, sondern dieses auch wieder einfahren kann. Das ist neu. So können die Module für das Servicing, den Austausch oder für Manöver mit hohen Beschleunigungsbelastungen teilweise oder ganz eingeholt werden.

Festkörpergelenke zur Systementfaltung

Der Raum unter der Nutzlastverkleidung von Raketen ist knapp. Auch Solarflächen oder Antennen müssen vor dem Start platzsparend angelegt und fixiert werden. Nach dem Start und der Trennung von der Rakete werden die Fixierungen gelöst und die Systeme entfalten sich. Bisher werden oft Gelenke mit Scharnieren genutzt. Diese könnten durch gekrümmte, flexiblen Glasfaserbändern ersetzt werden. Die flexiblen Bänder haben den Vorteil, dass alle Funktionen in einem Element kombiniert werden: das Gelenk, der Federantrieb und das Einrasten in die Endposition. Dabei reiben keine Teile aufeinander. Mangelnde Gleitfähigkeit oder schlechte Passung sind kein Problem mehr. Das verschafft einen großen Vorteil im luftleeren Raum mit starken Temperaturschwankungen. Die Forscher testeten das System unter Schwerelosigkeit, um Nebeneffekte auszumerzen und es noch besser zu verstehen.