Knapp 1,7 Milliarden Überstunden wurden im Krisenjahr 2020 von den Arbeitnehmern geleistet – das sind 41 pro Kopf und Jahr. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervor. Was zunächst nach viel klingt, ist bei genauerer Betrachtung wenig: Die Überstunden machen nur 3,2 Prozent des Arbeitsvolumens der Arbeitnehmer aus. Die Bedeutung der Überstunden ist geringer als etwa die der Krankentage, durch die 68 Stunden pro Kopf und Jahr verloren gehen. Vor allem aber sind Überstunden ein Auslaufmodell: Seit Jahren leisten Arbeitnehmer weniger Überstunden. Im Jahr 1991 leistete ein Arbeitnehmer fast doppelt so viele Überstunden wie im vergangenen Jahr. In den 1970er Jahren waren es in Westdeutschland sogar viermal so viele, auch wenn veränderte Erfassungsmethoden den Vergleich erschweren. Flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit Die Zusatzstunden gehen vor allem aus zwei Gründen zurück: Zum einen sind Arbeitszeitkonten deutlich verbreiteter als früher. Da für Überstunden in vielen Tarifverträgen teure Zuschläge fällig werden, greifen Arbeitgeber auf Alternativen zurück – und die Arbeitnehmer bauen die Mehrarbeit dann einfach ab, wenn im Betrieb weniger zu tun ist. Zum anderen sorgte die Corona-Krise dafür, dass es in vielen Bereichen weniger Arbeit gab, darauf dürfte der aktuelle Rückgang um 4,4 Stunden pro Kopf im vergangenen Jahr zurückzuführen sein. Damit spielen Überstunden auch eine Rolle, um Beschäftigung in der Krise zu stabilisieren. So war der Stabilisierungseffekt durch den Rückgang der Überstunden größer als der von Guthaben auf Arbeitszeitkonten, die lediglich um drei Stunden schrumpften. Jede zweite Überstunde wird bezahlt Knapp die Hälfte der Überstunden werden bezahlt, die andere Hälfte ist unbezahlt. In diesen Fällen ist im Arbeitsvertrag bestimmt, dass eventuell anfallende Mehrarbeit mit dem Gehalt abgegolten ist. Solche Arrangements finden sich überdurchschnittlich häufig bei Hochqualifizierten und Führungskräften, die Vertrauensarbeitszeitmodelle haben.