#Gütersloh, der #Berliner #Platz, aus dem Gütsel Archiv

  • Anlässlich des Gütersloher Frühlings 2010 wurde auf dem Berliner Platz von Gartenbaubetrieben ein Englischer Garten gestaltet. Das hat unter den Gütslern für Diskussionen um die Dauerhaftigkeit dieser Umgestaltung gesorgt.

Gütersloh, Mai 2010

Wenn es am schönsten ist, soll man bekanntlich aufhören. Auch unter diesem Aspekt kann man die Gestaltung des Berliner Platzes anlässlich des Gütersloher Frühlings 2010 betrachten. Finanziert wurde die Umgestaltung von der Werbegemeinschaft Gütersloh, ausgeführt wurde sie von zwei Gütersloher Garten und Landschaftsbaubetrieben. Tatsächlich hätten die verwendeten Pflanzen keine längere Zeit »Ã¼berlebt«, der Englische Garten war nur für den kurzfristigen Einsatz konzipiert. Für das kommende Jahr ist allerdings eine Dauer der Umgestaltung bis in den Mai zum »Gütersloher Straßenzauber« geplant.

Gütersloher Frühling 2010 mit Parklandschaft. Foto: Christian Schröter

Der Berliner Platz hat eine lange Geschichte und war ursprünglich gar nicht als Platz konzipiert worden. In den Jahren 1863 und 1864 war an dieser Stelle aus dem Stiftungsvermögen des Kaufmanns Heinrich Barth das alte Rathaus gebaut worden. Die Bausumme betrug 12.400 Reichstaler. Hinter den großen Fenstern des 1. Stocks lag der Ratssaal, weiterhin neben einigen Büroräumen das Magistratszimmer, das Zimmer des Bürgermeisters und ein Raum für die Sparkasse. Die obere Etage diente bis 1879 als Bürgermeisterwohnung und bis 1908 zur Unterbringung des Amtsgerichts. 1893 wurden die Einrichtung des Ratssaals und 1895 die Turmdächer erneuert, 1900 wurde das an der Außenwand angebrachte Schild »Rath Haus Barthsche Stiftung« entfernt, 1906 wurde eine aus Marmor gefertigte Erinnerungstafel an den Stifter Heinrich Barth angebracht. Der Rathausplatz wurde für Versammlungen und als Marktplatz genutzt.

Gütersloher Frühling 2010. Foto: Christian Schröter

Mitte 1961 begann die Hertie GmbH, Grundstücke neben dem Rathaus zu erwerben, um dort ein Warenhaus zu bauen. Zwei Jahre später wurde mit dem Abriss der teilweise 150 Jahre Gebäude begonnen: »Ohne Zweifel wird mit dem Hertie-Neubau das Stadtbild erheblich verschönert. Und wenn erst das alte Rathaus verschwunden ist, trägt der freigewordene Platz mit dazu bei, dem Zentrum ein großstädtisches Gepräge zu geben«, schrieb die Westfälische Zeitung im Oktober 1963. Als das Kaufhaus Hertie am 5. März 1965 seine Pforten am heutigen Berliner Platz eröffnete, stand noch das alte Rathaus, das 1971 abgerissen wurde.

Schon 1977 befasste sich die Gütersloher Verwaltung mit der »Vorplatz-Neugestaltung am alten Rathausplatz«, der zu dieser Zeit als Hertie-Vorplatz bezeichnet wurde. Die Abkürzung »HVP« hat sich bis heute gehalten. Die Umgestaltung hatte zum Ziel, einen »Architektur-Platz« zu schaffen, auf dem die Bürger unter Linden wandeln und sitzen könnten. Sieben, vorwiegend heimische Künstler, wurden zur Abgabe eines Vorentwurfs für eine Brunnenplastik aufgefordert. Als Kosten für diesen Brunnen wurden 120.000 Mark angesetzt. Weniger angetan waren die Ausschussmitglieder über die Kostenerhöhungen gegenüber den ersten Berechnungen von einer halben Million. Man hatte vergessen, die Mehrwertsteuer sowie die Planungs- und Bauleitungskosten zu berücksichtigen. »Wenn erst dieser Platz vollendet ist und den Vorstellungen entspricht, sollten auf Anregung aus dem Ausschuss andere Gütersloher Plätze kritisch betrachtet und schöner gestaltet werden«, schrieb eine Gütersloher Zeitung im August 1977. Die Bezeichnung »Berliner Platz« wurde in einer Kampfabstimmung gegen die CDU Fraktion durchgesetzt, die für den Namen »Konrad-Adenauer-Platz« eingetreten war.

Im November 1977 nahm der Platz allmählich Konturen an, die Pflasterarbeiten näherten sich dem Ende und neugesetzte, große Laubbäume gaben dem Platz einen freundlichen Anblick. Anfang des Monats wurde ein effektvoller, fünfarmiger Kandelaber aufgestellt, der auf seine Weise zum Schmuck des Architekturplatzes beitrug, um den zehn kleinere Laternen in der gleichen, jedoch einarmigen Ausführung gruppiert wurden. In diesem Zusammenhang wurde auch der geplante Brunnen heiß diskutiert. In einer Bürgerumfrage hatte ein Spiralbrunnen die meisten Stimmen erzielt, im Rat plädierte man für eine mit dem Kandelaber korrespondierende, schlichte Gestaltung. Zwei Jahre später wurde für 52.000 Mark ein Segel installiert – als Vorsichtsmaßnahme dafür, dass der #City #Treff nicht ins Wasser fallen sollte. Jahrelang bestimmte dieses »Olympiasegel« die Gestaltung des Berliner Platzes.

Schließlich äußerte die Geschäftsleitung des Kaufhauses Hertie (Karstadt) 1998 Investitionsabsichten, die nach Ansicht der SPD Ratsfraktion die Notwendigkeit einer Umgestaltung des Berliner Platzes unterstrichen. Die #Bürger und auch der #Gestaltungsbeirat sollten intensiv beteiligt werden. Für die Finanzierung sah die SPD Fraktion eine Kooperation zwischen dem Land, der Stadt und dem Einzelhandel als erforderlich an. Anfang 1999 wurden Musterpflasterungen verlegt, darunter heller und etwas dunklerer Granit und Platten aus China, gegen die Bedenken aus Menschenrechtsgründen laut wurden.

Die Verwaltung favorisierte dunkleren Granit aus Portugal. Am 3. Oktober 1999 wurde der umgestaltete Berliner Platz schließlich im Rahmen des verkaufsoffenen Michaelis-Sonntags mit einem festlichen Programm eingeweiht. Im Juli gab es bereits ein Probelaufen auf dem portugiesischen Granit. Einschließlich des Vorplatzes der Martin Luther Kirche und der Sanierung der Schmutz und Abwasserkanäle wurde der Berliner Platz für insgesamt 3,4 Millionen Mark neu ausgerüstet. Vor einigen Jahren wurden dann noch die Stromanschlüsse für die Marktbeschicker optimiert. Heute wird der Berliner Platz für den Wochenmarkt und Veranstaltungen wie den »Gütersloher Frühling« oder den »Gütersloher Straßenzauber« genutzt. In der veranstaltungsfreien Zeit versprüht er allerdings wenig Charme. Seit längerem ist zur Belebung des Platzes ein #Gastronomie #Pavillon geplant, dessen Umsetzung sich allerdings nach Aussage von Gastronom Peter Roggenkamp noch verzögert.