New Coke, das größte Marketing Desaster aller Zeiten? »That’s the brand, my friend!«

Wer erinnert sich noch an den Pepsi Test? In Blindverkostungen unter Verbrauchern ergab sich vor vielen Jahren, dass den meisten »Verbrauchern« #Pepsi besser schmeckte als #Coke. Die beiden Konzerne waren im Wettstreit, wobei #Coca #Cola klar der #Marktführer war. Man fragte sich: »Wie kann denn das sein? Pepsi schmeckt besser als Coke? Hoppla. Da müssen wir etwas unternehmen«. Die wertvollste Geheimrezeptur des Universums, die womöglich nur einer Handvoll Menschen überhaupt bekannt war, und die bombensicher in einem Tresor lagerte, war nicht die Schmackvollste? Pepsi schmeckte viel besser?

Natürlich war das #Nonsens, denn in der Produktion musste ja die Rezeptur ebenso bekannt sein – wie hätte man das »Gefärbte Zuckerwasser« (Zitat »The Invention Of Lying«, Ricky Gervais) sonst produzieren wollen?

Also erfand man die »New Coke«, die wiederum besser schmeckte, denn sie enthielt noch mehr Zucker. Man gewann Blindtests, aber die Verkaufszahlen sanken dramatisch und der Konzern wäre fast pleite gegangen. Ein Desaster. Wie konnte denn das nun sein? Die Leute wollten nicht das, was objektiv am besten schmeckte. Sie wollten »The Real Coke«. Und so brachte man zeitnah die »Classic Coke« und rettetete die Marke.

Und die Moral von der Geschicht’?

Die Leute glauben nicht, was ist – es ist – im weitesten Sinne – was die Leute glauben. Eine ähnliche Geschichte ist von der Firma Harley Davidson überliefert. Ein neuer Marketingleiter kam, und bei einer Zusammenkunft beklagte der Vertrieb die Konkurrenz von Suzuki. Eine Suzuki sah genauso aus, war deutlich billiger, zuverlässiger, hatte eine deutlich bessere Technik. »Aber unsere Harley klingt besser! Sie hat den echten Sound« … »Nein, sagte der neue Marketingleiter. Wir haben das wissenschaftlich untersucht. Der Sound ist nicht zu unterscheiden«. »Ja, aber was machen wir denn nun?« wurde gefragt.

Eine Suzuki ist eine Suzuki

»Gar nichts«, sagte der Marketingleiter. Denn: Eine Suzuki ist eine Suzuki. Und keine Harley. Wer es sich leisten kann und etwas gelten will, der kauft eine Harley. Und keine Suzuki. Obwohl sie objektiv betrachtet in jeder Beziehung viel besser ist. Aber es ist eben keine Harley. Deshalb funktioniert eben auch Merchandising mit der Marke Harley Davidson. Es ist schwer vorstellbar (zumal es auch  nicht so ist), dass man etwa Zippo Feuerzeuge, Bekleidung, Lebensmittel oder sonst etwas kauft, auf dem »Suzuki« steht. Solche Produkte, auf denen dann »Harley Davidson« steht, werden hingegen gekauft. Selbst mit Zippo ist es so. Es gibt zahllose Benzinfeuerzeuge, die genauso aussehen und genauso oder sogar besser funktionieren. Aber das sind eben keine Zippos. Zippo bietet übrigens auch eine lebenslange Garantie, was zum Spirit – heute sagt man auch DNA (Markenkern) – der Marke beigetragen hat. Die DNA ist dabei nur ein Teil des Spirits. Aber ein entscheidender.

Der Baby Benz

Mercedes Benz hat es im Laufe von Jahrzehnten erfolgreich geschafft, die eigene »Brand« zu demontieren. Dunnemals war der Daimler, der Mercedes, das prototypische deutsche Luxusauto (auch aus anderen Gründen). Man fuhr den »Benz«, samt eingebauter Vorfahrt. Man hatte den »Guten Stern auf deutschen Straßen«, den Stern als Kühlerfigur, durch den man als Fahrer die Bordsteinkante anpeilen konnte, und dann immer im richtigen Abstand zur selbigen fuhr. Legendär die S Klasse, auch legendär der Strich Achter, die Reihen W 123 und W 124. Unverwüstlich. W 123er fahren in Teilen der Welt mit Laufleistungen von Millionen von Kilometern – dem Vernehmen nach gibt es in Afrika die größte, verbleibende W 123 Flotte weltweit (als Taxis). Aber dann kamen die »Nieten in Nadelstreifen« (Zitat Günter Ogger) auf die großartige Idee, in allen »Segmenten« führend sein zu wollen. Man führte den »neuen« 190er ein (den »Baby Benz«), es kamen die A Klasse (die damals den Elch Test nicht bestand, was mit aufwendiger, überelaborierter Technik kuriert werden musste), und weitere »Klassen«.

Allerweltsauto

Und heute ist ein Mercedes eben ein Allerweltsauto. Bis auf die S Klasse. Obwohl dieser »Klasse« mittlerweile auch andere Hersteller in einem gewissen Maße den Rang abgelaufen haben. Etwa BMW mit dem 7er (freilich ist BMW für einen Luxuswagen ein wenig zu sportlich) oder Audi mit dem Audi 8 (Audi eilte allerdings gefühlt immer ein wenig der Ruf voraus, eine Marke für Emporkömmlinge zu sein, wenngleich man eine überlegene Technik hatte – wie etwa den Quattro Antrieb). Volkswagens Ansätze mit dem Phaeton liefen ins Leere. Ein Volkswagen ist ein Volkswagen und kein Luxuswagen. Der protoypische Volkswagen ist eben der Käfer als buchstäblicher Volkswagen. Vor geraumer Zeit hatte man in Wolfsburg versucht, diesen »Brand Spirit« mit dem Beetle wiederzubeleben. Heraus kam ein »Frauenauto« – in dem Sinne, dass es praktisch nur bei Frauen beliebt war (»So knuffig, so süß«). Andere Marken haben gar keine Chancen. Opel bringt aktuell einen verzweifelten Versuch mit einem keksartigen Kleinwagen.

Robert De Niro

In einer großartigen Szene eines Films, in dem der großartige Robert De Niro einen Autoverkäufer, der #Mafia Mitglied ist, gibt, berät er ein amerikanisches Ehepaar zu einem großen Audi. Sie müssen dann nachdenken und der Mann sagt süffisant, er habe einen Lexus. De Niro macht sich darüber lustig, und sagt, Lexus sei ein #Toyota. Das sei dasselbe. Ein japanisches Auto eben. Das schönste ist, dass sich die Frau beschwert, und sagt, so könne er nicht mit Kunden reden. De Niro erwidert – völlig zu Recht – dass sie ja gar keine Kunden sind. Denn sie haben den Wagen ja gar nicht gekauft. Man verlangt dann, den Chef zu sprechen. Nicht umsonst gelten vielen Motorradfahrern japanische Motorräder als »Yoghurtbecher« oder »Reiskocher«.

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