Der 22. #Zivilsenat des #Oberlandesgerichts #Hamm hatte sich in seinem Urteil vom 30. August 2021 mit der Frage zu befassen, ob bei einer infolge der der #Covid-19-#Pandemie stornierten #Klassenfahrt der Reisepreis zurückverlangt werden kann.

Die klagende Stiftung ist die Trägerin einer Schule in Niedersachsen. Anfang 2020 buchte eine an dieser Schule beschäftigte #Lehrerin bei der beklagten #Reiseveranstalterin eine Klassenfahrt nach #Liverpool vom 15. bis zum 21. März 2020. Den in Rechnung gestellten Reisepreis von fast 10.000 Euro zahlte die klagende Stiftung. Am 12. März 2020 stornierte die Lehrkraft die Reise. Die Reiseveranstalterin erstattete allerdings nur einen Betrag von nicht ganz 1.000 Euro.

Mit ihrer #Klage verlangt die Stiftung von der Reiseveranstalterin auch die #Rückzahlung des Restbetrages von fast 9.000 Euro, weil sie insbesondere der Auffassung ist, dass zum Zeitpunkt der Stornierung der Reise aufgrund der in England grassierenden Coronavirus-Pandemie eine Situation vorgelegen habe, die sie – nach Paragraph 651 h Absatz Drei Bürgerliches Gesetzbuch – zum entschädigungslosen Reiserücktritt berechtigt habe.

Das #Landgericht #Detmold hat die Klage mit Urteil vom 1. Februar 2021 (Aktenzeichen 01 O 153/20) mit der Begründung abgewiesen, dass die Stiftung gegenüber der Reiseveranstalterin nicht selbst eine Rückzahlung des ausstehenden Betrags verlangen könne. Denn Vertragspartner der Reiseveranstalterin sei nicht die Stiftung, sondern seien die angemeldeten Schülerinnen und Schüler gewesen, die von der Lehrerin bei dem Vertragsschluss vertreten worden seien.

Die Berufung der klagenden Stiftung hatte ganz überwiegend Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts – so der Senat – sei zwischen der Stiftung und der Reiseveranstalterin ein Pauschalreisevertrag über eine Gruppenreise nach Liverpool zustande gekommen. Unter anderem die Umstände der Vertragsabwicklung und der außergerichtlichen Korrespondenz würden dafür sprechen, dass die Buchung auch aus der Sicht der Reiseveranstalterin nicht im Namen der Schülerinnen und Schüler oder ihrer Erziehungsberechtigen, sondern im Namen der Schule beziehungsweise der hinter dieser stehenden hier klagenden Stiftung – als regelmäßig verlässlicher und solventer Vertragspartner – erfolgt sei.

Die #Reiseveranstalterin müsse – wie der Senat weiter ausgeführt hat – den vollen Reisepreis an die Stiftung zurückzahlen. Mit der Covid-19-Pandemie habe eine erhebliche Beeinträchtigung – im Sinne von Paragraph 651 h Absatz Drei Bürgerliches Gesetzbuch (#BGB) – vorgelegen. Denn es habe ein konkretes Risiko für einen ernstlichen Gesundheitsschaden bestanden, weil in Liverpool als dem Zielort der Reise das Ansteckungsrisiko deutlich erhöht gewesen sei. Das Auswärtige Amt habe zwar erst am 17. März 2020 aufgrund der Coronavirus-Pandemie eine Reisewarnung für Reisen in das gesamte Ausland ausgesprochen. Entscheidend sei aber insbesondere, dass zum Zeitpunkt der Stornierung am 12. März 2020 – nur drei Tage vor Reisebeginn – bekannt gewesen sei, dass es sich bei dem #Virus #SARS-CoV-2 um einen neuartigen Krankheitserreger handele, der akute Atemwegserkrankungen hervorrufe, die im schlimmsten Fall tödlich verlaufen könnten, ohne dass es eine Therapiemöglichkeit oder einen Impfstoff gegeben habe. Darüber hinaus bestehe bei Schülerreisen die Erwartung der erziehungsberechtigten Eltern, dass die Schülerinnen und Schüler in einem sicheren Umfeld reisen könnten. Dagegen sei die Pandemielage im Reiseland England akut gewesen und die Wahrscheinlichkeit, sich auf der Reise bzw. am Reiseort mit dem Coronavirus zu infizieren, deutlich höher gewesen, als wenn die Schülerinnen und Schüler – bei bereits am 12. März 2020 konkret im Raum stehenden und am Folgetag beschlossenen Schulschließungen – zu Hause geblieben wären.

Paragraph 651 h Absätze Eins und Drei Bürgerliches Gesetzbuch lauten wie folgt

(Eins) Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Der Reiseveranstalter kann jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen.

(Drei) Abweichend von Absatz Eins Satz Drei kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen, wenn am #Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der #Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich im Sinne dieses Untertitels, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.

#BGB #Klage #Klassenfahrt #OLG #Oberlandesgericht