Bonn (ots) SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat sich von den Plänen von Bundes-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) distanziert, die 50er-Inzidenz als zentrales Kriterium im Infektionsschutzgesetz zu streichen und fortan stärker auf die Hospitalisierungen zu schauen. »Das sendet ein falsches Signal, als wenn die Inzidenz überhaupt nicht mehr wichtig wäre. Das halte ich für falsch, weil auch viele derjenigen, die erkranken und nicht ins Krankenhaus müssen, schwer erkranken und langfristige Schäden davontragen«, erklärte Lauterbach im Fernsehsender »Phoenix«. Hinzu komme, dass die Zahl der Krankenhauseinweisungen gegenüber der Inzidenz den Nachteil habe, dass man erst sehr verspätet wichtige Signale erhalte. »Man läuft Gefahr, dass man nie vor die Welle kommt.«

Generell sah der SPD-Gesundheitspolitiker derzeit eine Tendenz, der Pandemie zu wenig Beachtung zu schenken. »Wir fangen an, es zu leicht zu nehmen, und ich glaube, dass eine große Gefahr darin besteht, dass alle im Wahlkampf einfach nur die gute Nachricht bringen wollen.« Tatsächlich müssten derzeit aber zehn Prozent der Neuinfizierten damit rechnen, am Long-Covid-Syndrom zu erkranken. Dies gelte auch für fünf Prozent der erkrankten Kinder. »Das alles ist keine Kleinigkeit. Wir haben im Moment sehr viele Menschen, die schwer oder chronisch krank werden und wo wir zum Teil gar nicht wissen, wie wir sie heilen können«, so der SPD-Politiker.

Vor allem in Nordrhein-Westfalen steige die Zahl der Infizierten drastisch. »In Nordrhein-Westfalen sind wir an dem Punkt, wo wir die Kontrolle über die Pandemie verlieren.« In Leverkusen etwa habe die Inzidenz die 200er-Marke überschritten. Lauterbach mutmaßte, dass die Inzidenz der dortigen Ungeimpften bei über 600 liege und sprach sich deshalb dafür aus, künftig die Inzidenzzahlen getrennt auszuweisen. »Dann würden die Ungeimpften sehen, wie gefährlich es mittlerweile für sie geworden ist.« Auch votierte der Gesundheitsexperte dafür, gerade in Innenraumsituationen mit vielen Menschen nur Geimpfte und Genesene zuzulassen. »Eine 2-G-Umsetzung wäre derzeit das Beste.«