Deutschland (ots) Wenn Politiker in Katastrophengebieten auftreten, ist das immer zwiespältig. Sie betreiben, was sonst, immer auch Imagepflege. Sie können Tatkraft ausstrahlen. Endlich gibt es mal andere Bilder als bloß Autotüren, die sich öffnen. Könnte man auf diese Inszenierung nicht verzichten? Nein, kann man nicht. Wenn Kleinstädte unter Schlamm verschwinden und Existenzen vernichtet werden, müssen der Bundespräsident, die Kanzlerin und die MinisterpräsidentInnen sowieso vor Ort sein. Eine dürre Erklärung aus dem Homeoffice würde zu Recht als Zeichen der Geringschätzung verstanden – doch nicht so wichtig. Krisen sind wie ein Lackmustest. PolitikerInnen können dabei viel gewinnen. Hannelore Kraft galt auch wegen ihres unprätentiösen, empathischen Auftritts bei der Loveparade-Katastrophe in Duisburg 2010 lange als fähige Ministerpräsidentin. Olaf Scholz ließ sich nun knapp blicken und kündigte Hilfen an. Scholz’ Währung in der Krise ist Geld. Gefühle hätte man ihm sowieso nicht geglaubt. Robert Habeck verzichtete darauf, Katastrophe und Klima zu verkoppeln. Alle Vernünftigen wissen dies selbst. Es als Grüner zu betonen, hätte wie Krisengewinnlerei ausgesehen. Nur Armin Laschet macht mit untrüglichem Gespür alles falsch. In einem konfrontativ geführten WDR-Interview ließ er sich zu dem Satz verleiten, man könne ja wegen eines Tages »nicht die Politik ändern«. Am Samstag kicherte er im Hintergrund, während Frank-Walter Steinmeier eine, angesichts von mehr als 140 Toten, angemessen gravitätische Rede hielt. Mal einen schlechten Moment bei einem Interview, mal ein Lachen zur falschen Zeit – das kann passieren. Merkel, der Selbstbeherrschten, sind in 16 Jahren solche Fehler allerdings fast nie unterlaufen. Bei Laschet häufen sie sich. Nur deshalb entfalten sie eine so wuchtige Wirkung. Sie sind keine dummen Zufälle, sondern bekräftigen ein Bild von ihm. Er ist der Mann, der schon in der Co­ro­na­krise mit den Armen fuchtelnd in Talkshows saß, und anstatt Souveränität auszustrahlen entfesselt nervös wirkte. Politikerkrisenauftritte suggerieren oft eine Art falsche Unmittelbarkeit. Die Bilder wirken oft stärker, als es für rationalen politischen Diskurs gut ist. Gerhard Schröder, der sich in Regenkleidung als Macher zu inszenieren verstand, war deshalb als Kanzler ja keinen Deut besser. Manchmal aber sind diese Bilder doch sprechend. Laschet beherrscht die Codes der Krisenkommunikation nicht. Er reagiert in Krisen beängstigend überfordert. Will man wirklich jemand im Kanzleramt, den schon ein WDR-Interview aus der Fassung bringt?