Im November 2020 verstirbt Diego Maradona kurz nach seinem 60. Geburtstag in Buenos Aires offiziell an Herzversagen. Die umfassenden Recherchen des Investigativ-Reporters Felix Hutt rücken rund ein halbes Jahr nach dem Tod einen schwerwiegenden Verdacht in den Mittelpunkt: Ist Maradona umgebracht worden? »Maradonas Tod ist keine logische Folge seines teilweise sehr exzessiven Lebensstils, sondern er hätte verhindert werden können«, berichtet Felix Hutt. Man habe die Fußball-Legende stattdessen bewusst »von einer überlebenswichtigen medizinischen Betreuung ferngehalten« und letztlich seinem Schicksal überlassen. Im Interview spricht Felix Hutt unter anderem über die Gemeinsamkeiten zwischen Investigativ-Reportern und Ermittlern, die Bedeutung der selbsternannten »Hand Gottes« für die Menschen in Argentinien sowie die Enthüllung seiner Recherche in der Dokumentation »War es Mord? Die geheime Todesakte Maradona« während eines außergewöhnlichen Fernsehabends am 8. Juli 2021 um 20.15 Uhr live bei RTL. Investigativ-Reporter Felix Hutt im Interview Ab wann haben Sie sich mit dem Tod von Diego Maradona beschäftigt und warum hat der Fall als Investigativ-Journalist Ihr Interesse geweckt? »Ich reise seit vielen Jahren nach Buenos Aires und habe sehr gute Freunde dort, die mich schon kurz nach Maradonas Tod darauf aufmerksam gemacht haben, dass ermittelt wurde. Ich habe mich bald regelmäßig mit Ermittlern und Journalisten ausgetauscht. Ein Schlüsselmoment war sicher, als mir nach einigen Wochen die Ermittlungsakte zugespielt wurde, die wichtige Vernehmungen enthält und auf mehreren tausend Seiten Maradonas Tod und dessen Umstände rekonstruiert.« Was macht den Todesfall Maradona so komplex und welche Erkenntnis ihrer Recherche ist für Sie von zentraler Bedeutung? »Maradonas Tod ist keine logische Folge seines teilweise sehr exzessiven Lebensstils, sondern er hätte verhindert werden können. Die Leute in seinem Umfeld haben ihn bewusst von der richtigen und für ihn überlebenswichtigen medizinischen Betreuung ferngehalten, weil sie die Kontrolle über ihn behalten wollten. Maradonas Tod ist ein Kriminalfall, der vor einem Gericht verhandelt werden wird.« Sie waren für ihre Doku in Buenos Aires, dem Todesort aber auch zentrale Wirkungsstätte der legendären Nummer 10, unterwegs. Wo genau waren Sie vor Ort und wie wichtig war es für ihre »Spurensuche« genau dort zu beginnen? »Ich war unter anderem in Villa Fiorito, dem Elendsviertel, in dem Maradona mit sieben Geschwistern und seinen Eltern in einer Art Baracke aufgewachsen ist. Und wir waren als erstes Fernsehteam vor dem Haus, in dem er gestorben ist. Ich habe also seinen Anfang und sein Ende aus meiner Sicht erkunden können, mit vielen Freunden und Weggefährten gesprochen. Das war sehr wichtig, um die Person Maradona besser zu verstehen.« Die Dokumentation rekonstruiert die letzten Tage im Leben von Diego Maradona. Wie gehen Sie dabei vor? Gibt es bestimmte Methoden, die Ihnen bei der Recherche helfen? »Ich glaube, die Methoden eines Reporters ähneln denen eines Ermittlers. Man sammelt Material und Eindrücke und setzt am Ende ein Bild zusammen, das die Wahrheit basierend auf Fakten abbildet. Dazu gehört sicher eine gewisse Hartnäckigkeit und Penetranz in der Recherche, und die Fähigkeit sich nicht entmutigen zu lassen, wenn etwas nicht gelingt, zum Beispiel eine wichtige Quelle nicht zum Termin erscheint, oder wenn man seine These über den Haufen werfen muss, weil die Recherche etwas anderes ergibt.« Sie erzählen in der Doku auch die persönliche Geschichte eines Weltstars nach, der aus tiefster Armut zum tragischen Nationalhelden aufstieg. Wie sehr berührt der Tod Maradonas die Menschen in Buenos Aires und was haben Sie über die Person Maradona lernen können? Gab es besonders bewegende Momente? »Maradonas Leben dient den Argentiniern als Projektionsfläche für ihre Träume, aber es verkörpert auch den Abstieg, den Maradona und das Land immer wieder erleben mussten. Man kann die Leidenschaft und Liebe der Argentinier zu Maradona nicht erklären, das muss man vor Ort erleben. Wenn man in eine Bar geht und ein Gespräch über Maradona beginnt, dann kann es sein, dass in wenigen Minuten die ganze Bar Maradona-Lieder anstimmt.« Was macht für Sie generell die »Magie« der Person Diego Maradona aus? Welche Bedeutung hatte die »Hand Gottes« in ihrem Leben? »Ich war ein Bolzplatzkicker und wer einmal selbst Fußball gespielt hat, weiß, dass Maradona auf dem Platz Dinge angestellt hat, die eigentlich unmöglich sind. Wie das berühmte Tor 1986 gegen England, als er über den halben Platz dribbelt und am Ende trifft. Als Journalist wollte ich Maradona immer treffen und interviewen, weil ich sein Wesen gerne besser verstanden hätte. Mich hätte interessiert, woher diese Neigung zu Süchten kommt, warum er immer von vielen umgeben, aber doch meist allein war. Ich bin immer dankbar für Figuren wie Maradona, die polarisieren.« Am 8. Juli enthüllt RTL mit dem Dokumentarfilm »War es Mord? Die geheime Todesakte Maradona!« ihre Recherche. Wie ist der Fernsehabend aufgebaut? »Jana Azizi wird durch den Abend führen, in dem wir gemeinsam mit interessanten Gästen die Doku schauen und das Ergebnis meiner Recherchen besprechen werden. Unter den Studiogästen sind unter anderem Hugo Maradona, Diegos Bruder, der für die Sendung extra aus Neapel anreist, und der bekannte Rechtsmediziner Dr. Michael Tsokos. Zudem wird Jean-Marie Pfaff als Gast im Studio sein, die Torhüter-Legende Belgiens, ein enger Freund von Diego Maradona. Bei der WM 1986, bei der Maradona Argentinien quasi im Alleingang zum Titel führte, kassierte er zwar zwei Tore von dem Argentinier, aber anschließend entstand eine echte Männerfreundschaft zwischen den beiden. Wir werden den Fall somit aus vielen Perspektiven und in all seinen Facetten beleuchten.« Vor ihrem Wechsel zu RTL waren Sie zehn Jahre Reporter beim Stern, zuletzt haben Sie für den Spiegel geschrieben. Was hat Sie zum Wechsel vom Print zum TV bewogen? Ist es einfach die Lust auf etwas Neues oder verspüren Sie die Lust auf ein neues Medium? »Mich reizt die Herausforderung meine Geschichten auch visuell zu erzählen, und ich empfinde es als Privileg mein Portfolio erweitern und etwas Neues beginnen zu können. Ich finde, dass zum modernen Storytelling die visuelle Ebene dazugehört. Man merkt schließlich selbst, was man so konsumiert. Ich schaue sehr gerne Dokus und habe festgestellt, dass das auch immer mehr wird. Im TV erarbeitet man sich eine Geschichte nicht alleine, sondern immer im Team. Das ist ein schönes Gefühl.« Mit Ende 30 haben Sie den Versuch gestartet, in der Tennis-Weltrangliste eingetragen zu werden. Ihre Geschichte erzählen Sie in ihrem Buch »Lucky Loser«. Testen Sie gerne Ihre Grenzen aus? »Ja, das liegt an meiner Sozialisation als Leistungssportler. Ich habe mit sechs Jahren mit dem Tennissport begonnen und spiele immer noch in der Herren 30 Tennis-Bundesliga. Ich nehme gerne neue Herausforderungen an und verfolge meine Ziele sehr ehrgeizig, auf dem Tennisplatz oder als Reporter. Ich finde es nicht schlimm zu scheitern, sondern etwas nicht zu versuchen. Die Erfahrungen als Leistungssportler, auch die bitteren Niederlagen, helfen mir heute bei meiner Arbeit.«