13 Organisationen aus ganz unterschiedlichen Bereichen der Zivilgesellschaft haben sich zusammengeschlossen, um ein unmissverständliches Warnsignal gegen die mögliche Finanzierung der AFD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung zu senden. In einem »Manifest für die Zivilgesellschaft und die politische Bildung« fordern sie die Politik auf, noch vor der Bundestagswahl im Herbst zu handeln. In der Online-Pressekonferenz sprechen sie sich dafür aus, dass die Regierung noch in dieser Legislatur eine gesetzliche Regelung zur Demokratieförderung auf den Weg bringen muss, welche sicherstellt, dass Demokratiefeinde keine Steuergelder erhalten. »Unser Steuergeld für rechte Strukturen? Das würde eine enorme Wirkung in die Fläche entfalten. Noch haben wir die Chance, dafür zu sorgen, dass die Stiftung dieses Geld nicht bekommt«, so Miriam Schader, Campaignerin bei Campact. »Sollte es der Erasmus-Stiftung durch Millionen aus Steuergeldern ermöglicht werden, zukünftig den akademischen und langfristig auch alle anderen gesellschaftlichen Bereiche mit ihrer rechts-braunen Ideologie zu unterwandern, dann sponsern wir als Gesellschaft den Demokratie-Abbau in unserem Land. Das können wir nicht ernsthaft wollen«, sagt Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. »Wir – die zivilgesellschaftlichen Organisationen – begegnen in unserer täglichen Arbeit den Folgen, die aus den menschenverachtenden Haltungen der Neuen Rechten erwachsen. Die Politik ist oft viel zu weit weg von der Gesellschaft, deshalb gehen wir jetzt auf die Politik zu.« »Nicht nur Institutionen, auch einzelne Personen sind aufgefordert, ihren Unmut und ihre Sorge an die Politik zu vermitteln. Das gilt besonders im Jahr der Bundestagswahl«, führt Mendel weiter aus: »Wir rufen jeden und jede einzelne auf: Wendet Euch an die Abgeordneten Eures Wahlkreises, fordert sie dazu auf, aktiv etwas gegen die Erasmus-Stiftung zu tun. Sonst droht langfristig die rechts-braune Unterwanderung der Universitäten, des Bildungsbereich, der Medien, Justiz und aller gesellschaftlichen Institutionen.« Erstunterzeichnende des Manifests: Die Allianz, die sich nun für das Manifest zusammengefunden hat, repräsentiert ganz unterschiedliche Bereiche der vielfältigen Zivilgesellschaft in Deutschland – von Kirchen, Gewerkschaften, über Bildungsorganisationen, NGOs bis hin zu sozialen Bewegungen. Erstunterzeichnerinnen sind die Amadeu Antonio Stiftung, Bildungsstätte Anne Frank, Campact, Deutscher Gewerkschaftsbund, »Fridays for Future«, »Gesicht Zeigen«, Katholische Akademie Rabanus Maurus, »Medico International«, Paritätisches Bildungswerk Bundesverband , Pro Asyl, Stiftung »Topographie des Terrors«, die Dienstleistungsgewerkschaft »ver.di« sowie der Zentralrat der Juden in Deutschland. Timo Reinfrank, Amadeu Antonio Stiftung: »Ich glaube, wir machen uns Illusionen über die Widerstandsfähigkeit unserer Demokratie. Wenn diese dann noch gezielt durch einen rechtsradikalen Thinktank angegriffen wird, mache ich mir wirklich Sorgen. Es sollte die Aufgabe der Bundesregierung sein, einen klaren Rahmen für ein demokratiepolitisches Engagement zu schaffen.« Meron Mendel, Bildungsstätte Anne Frank: »Wir zivilgesellschaftlichen Organisationen sind nah an den Menschen – und erleben so direkt die vielen Probleme, die aus der menschenverachtenden Haltung der neuen Rechten entstehen. Die AFD und die Erasmus-Stiftung grenzen Menschen aus, sie vergiften unsere Demokratie und unser Miteinander. Deshalb fordern wir die Parteien auf, jetzt zu handeln.« Miriam Schader, Campact: »Unser Steuergeld für rechte Strukturen? Das würde eine enorme Wirkung in die Fläche entfalten. Noch haben wir die Chance, dafür zu sorgen, dass die Stiftung dieses Geld nicht bekommt.« Reiner Hoffmann, Deutscher Gewerkschaftsbund: »Es ist großartig, dass sich so viele wichtige zivilgesellschaftliche Organisationen hinter dem Manifest versammelt haben. Es ist schlichtweg absurd, wenn der demokratische Rechtsstaat diejenigen unterstützt, die ihn abschaffen wollen.« Luisa Neubauer, »Fridays for Future«: »Die AFD schürt Hass und Hetze. Sie befeuert die offenen Anfeindungen gegen jene, die sich für eine plurale, freiheitliche und auch klimagerechte Gesellschaft einsetzen. Dass ihre Agenda über eine Stiftung auch an die Universitäten getragen werden soll, ist unerträglich. Deshalb unterstützte ich das Manifest der Zivilgesellschaft.« Sophia Oppermann, »Gesicht zeigen!«: »Politische Bildung ist nicht wertneutral. Dass die AfD versucht, über die Erasmus-Stiftung politische Bildung durch Steuergelder finanzieren zu lassen, die sich offen rechtsextrem, frauenfeindlich, sexistisch, antisemitisch und homophob betätigt, ist nicht hinnehmbar. « Joachim Valentin, Katholische Akademie Rabanus Maurus: »Desiderius Erasmus ist eine herausragende Figur des katholischen Humanismus, also der europäischen Aufklärung in der Renaissance. Im Dialog mit Martin Luther und anderen Geistesgrößen des 16. Jahrhunderts trat er ein für Vielsprachigkeit, Toleranz und umfassende Bildung. Alles das sind Ziele, für die die gleichnamige Stiftung gerade nicht steht. Im Gegenteil: Es handelt sich um ein rechtes Netzwerk, das aggressiv völkisches Gedankengut und Intoleranz verbreitet. Es soll als politische Stiftung der Partei fungieren, die in namhaften Teilen vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Hier sägt die Demokratie am Ast, auf dem sie sitzt. Der Begriff der politischen ›Bildung‹ wird in sein Gegenteil verkehrt, da nicht Horizont-Erweiterung, sondern Horizont-Verengung das Ziel dieser Stiftung ist.« Anne Jung, »Medico International«: »Die Legitimierung der zum Schein demokratischen AFD-Stiftung zeigt, dass rechtes Denken in die Mitte der Verhältnisse eindringen kann. Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten, das sagte schon Theodor Adorno.« Paritätisches Bildungswerk Bundesverband: »Mit dem erneuten Einzug der AFD in den Bundestag würde die parteinahe Erasmus-Stiftung staatliche Gelder in Millionenhöhe erhalten. Die Vorsitzende der Stiftung, Erika Steinbach, hetzt gegen Geflüchtete, Homosexuelle, Frauen und andere Gruppen. Wir sagen: no way!« Günter Burkhardt, »Pro Asyl«: »Menschenwürde und Menschenrechte werden in Deutschland und ganz Europa zur Disposition gestellt. Die Wirkung dieser Stiftung und dieses Gedankenguts zerstört die Grundlagen unserer Gesellschaft.« Thomas Lutz, Gedenkstättenreferat, Stiftung »Topographie des Terrors«. »Als Gedenkstätten haben wir den Auftrag, ein kritisches Geschichtsbild zu entwickeln, das die Gefahren von rechts für eine Demokratie und die Möglichkeiten, dass sich daraus Massenverbrechen entwickeln, aufzeigt. Wenn heute eine parteinahe Stiftung dieses Geschichtsbild und die Form der Auseinandersetzung mit der Geschichte verleugnet, darf es nicht sein, dass sie dafür öffentliche Gelder erhält.« Frank Werneke, »ver.di«: »Für rassistische und völkische Angriff auf die Demokratie darf es keine öffentlichen Mittel geben. Wir fordern ein Demokratiefördergesetz, das zivilgesellschaftliche Initiativen dauerhaft stärkt.« Doron Kiesel, Zentralrat der Juden in Deutschland: »Die Desiderius-Erasmus-Stiftung ist eine rassistische, antisemitische und völkische Organisation. Der Zentralrat der Juden möchte mit der Unterzeichnung des Manifests für die Zivilgesellschaft die Initiative gegen die Förderung dieser Stiftung unterstützen und öffentlich machen.« Zum Hintergrund Organisationen aus ganz unterschiedlichen Bereichen der Zivilgesellschaft haben sich auf Initiative der Bildungsstätte Anne Frank zusammengetan, um ein Signal gegen die mögliche Finanzierung aus Bundesmitteln der AFD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung zu senden. Diese 13 zivilgesellschaftlichen Organisationen beziehen klar Position: Die Lehre aus dem Untergang der Weimarer Republik gilt unveränderlich – die Feinde der Demokratie dürfen nie wieder von den Freiheiten der Demokratie profitieren. Doch nach aller Voraussicht wird die AFD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung ab Herbst staatliche Förderung in Millionenhöhe erhalten. Damit kommt ein Akteur in den Genuss von Steuergeldern, der die Werte der Demokratie und des Grundgesetzes mit Füßen tritt.