Seit mehreren Wochen sind die Tagespflegen und Betreuungsgruppen aller Träger laut Verordnung geschlossen. Angehörige, die ihre an Demenz erkrankten Familienmitglieder zu Hause pflegen, können seitdem nicht mehr auf diese Angebote zurückgreifen. Sie meistern vielfach eine Mehrfachbelastung: die Versorgung der eigenen Familien, der Pflegebedürftigen, eine Berufstätigkeit und die aktuelle Corona-Krise. »Das geht an die Substanz«, weiß Brunhilde Peil von der Demenzberatung der Diakonie Gütersloh. Sie empfiehlt Betroffenen, sich frühzeitig Hilfe zu suchen, bevor eigene Ressourcen völlig aufgebraucht sind. Wie das in der jetzigen Zeit geht? Telefonisch! »Ich weiß gar nicht, womit ich meine Mutter noch beschäftigen oder ablenken kann… und der Ausgleich fehlt mir!« »Jetzt bin ich die ganze Zeit mit meinem demenzkranken Ehemann zusammen. Das ist richtig anstrengend. Sonst ist er mehrmals die Woche in der Tagespflege, und diese freie Zeit brauche ich eigentlich für mich!« »Vormittags geht es mit meiner Mutter, aber nachmittags und besonders gegen Abend wird sie so unruhig. Ich kann sie gar nicht beruhigen; erklären kann ich ihr auch nicht, das mit dem Corona …« Schon in »normalen« Zeiten ein Kraftakt Das ist nur ein kleiner Teil der Sorgen und Nöte, die Brunhilde Peil derzeit am Telefon hört. Die Leiterin der »Aktion Atempause« begleitet seit 15 Jahren pflegende Angehörige von Demenzkranken und organisiert beziehungsweise führt Gruppenangebote für Menschen mit beginnender und fortgeschrittener Demenz durch. »Schon in normalen Zeiten kann die häusliche Versorgung von Menschen mit diesem speziellen Krankheitsbild ein echter Kraftakt sein«, weiß Peil. Ratschläge und mehr Während ihre Kolleginnen Corinna Pook und Silke Stitz Angehörige rund um die pflegerischen Aspekte und deren Finanzierung beraten, gibt Brunhilde Peil Ratschläge zum Umgang mit Demenzkranken, vermittelt Kontakte ins Demenznetzwerk und entlastet normalerweise Angehörige durch die Betreuungsgruppen für Demenzkranke. Auch diese Gruppen können derzeit nicht stattfinden. Ebenso der monatlich stattfindende Treff für Angehörige von Demenzkranken, in dem sich Angehörige austauschen, Informationen erhalten, Kontakte knüpfen und einander unterstützen. Wichtiger denn je: Zuhören, Verständnis zeigen, über die eigenen Ressourcen sprechen »Was ich weiterhin tun kann, ist zuhören, Verständnis zeigen und auch über die eigenen Ressourcen sprechen. Das ist wichtiger denn je«, sagt Brunhilde Peil. Neben dem »offenen Ohr« gibt sie konkrete Hilfestellung, beispielsweise indem sie über das Krankheitsbild und seine Besonderheiten aufklärt oder Tipps zu Beschäftigungsmöglichkeiten speziell für die häusliche Situation in der Einzelbetreuung gibt. »Sie leisten Großartiges!« Einige schämen sich, um Hilfe zu bitten. Anderen ist es sehr unangenehm, wenn sie ungeduldig werden oder das Verhalten der demenziell veränderten Familienangehörigen als belastend empfinden. Dabei kann dies eine echte Härteprobe sein. Peil: »Eine Anruferin erzählte mir von ihrem Mann, der ihre Telefonanrufe stört, indem er immer lauter nach ihr ruft. Eine andere beschreibt, dass ihr das ständige Zusammensein mit ihrer Mutter gefühlt die ‚Luft nimmt‘.« Daher appelliert Peil an pflegende Angehörige, Kontakt aufzunehmen, bevor ihnen alles zu viel wird. »Sie leisten Großartiges! Und gemeinsam können wir schauen, wie Sie diese herausfordernde Zeit meistern, ohne auszubrennen.« Die telefonischen Sprechzeiten Brunhilde Peil ist montags von 10 bis 14 Uhr, mittwochs von 10 bis 15 Uhr, donnerstags von 14 bis 18 Uhr und freitags von 10 bis 12 Uhr unter der Telefonnummer (05241) 98673520 zu erreichen.