Die digitale Transformation verlangt eine Neudefinition der Arbeit, konstatiert der HR-Kreis. Die Gruppe von Personalvorständen führender deutscher Unternehmen und Bildungsexperten hat im Bundeskanzleramt Empfehlungen vorgestellt, um Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland zu sichern. Die kommenden Jahre werden darüber entscheiden, ob Deutschlands Firmen den Ãœbergang zu digitalen Geschäftsmodellen meistern. Mehr unter: www.acatech.de/hr-kreis Eine Gruppe von Personalvorständen führender deutscher Unternehmen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Bereichen Bildung, Arbeitswissenschaften und Betriebswirtschaft hat am 19. April im Bundeskanzleramt das Thesenpapier »Die digitale Transformation gestalten« vorgestellt. Neben einer Analyse der Ausgangslage deutscher Firmen finden sich darin auch Vorschläge für eine flexiblere Aus- und Weiterbildung, Unternehmens- und Arbeitsorganisation sowie Nachwuchssicherung. Der Gesprächskreis zum Thema Human Resources (HR-Kreis) wird moderiert von Thomas Sattelberger, dem Vorsitzenden der Bildungsinitiative MINT Zukunft schaffen und ehemaligem Personalvorstand der Telekom. Freiräume für Experimente »Die nächsten fünf Jahre werden darüber entscheiden, ob Deutschlands Unternehmen der Wandel gelingt«, sagt Henning Kagermann, Präsident von acatech ― Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, einer der beiden Gastgeber des HR-Kreises neben Joh. Christian Jacobs, dem Chairman der Joh. Jacobs & (AG & Co.) KG. »Viele Verantwortliche in deutschen Unternehmen haben die Radikalität, mit der wir uns verändern müssen, noch nicht erfasst.« Durch die neuen Anforderungen an Beschäftigte, ändern sich Stellenprofile radikal. Tätigkeiten fallen weg, neue Jobs entstehen. Der Gesprächskreis plädiert daher für ein neues Verständnis von Arbeit. »Wir müssen jetzt gestalten, wie wir zukünftig arbeiten möchten. Neben der Qualifikation der Beschäftigten werden auch Flexibilität sowie Freiräume für die Arbeitsorganisation immer entscheidender«, erklärt der Bertelsmann-Personalvorstand Immanuel Hermreck. Neben dem Angestelltenverhältnis würden verschiedenste Formen der Arbeit wichtiger, beispielsweise die Selbstständigkeit oder die Freiwilligenarbeit. Lebenslanges Lernen durch flexible Bildungsangebote Stärker als bisher wird sich nach Einschätzung etlicher Personalvorstände auch die Arbeit auf mittlerem Qualifikationsniveau verändern. Zusätzlich zu IT-Kenntnissen werden unternehmerisches Denken und BWL-Wissen wichtiger. »Um unsere Mitarbeiter mitnehmen zu können, müssen wir massiv in die Weiterbildung investieren«, bestätigt Telekom-Personalvorstand Christian P. Illek. Online-Kurse und fachspezifische Micro- oder Nano-Zertifikate könnten die Aus- und Weiterbildung flexibler gestalten und lebenslanges Lernen fördern. Gemeinsam mit dem Hasso-Plattner-Institut startet acatech am 25. April einen Online-Kurs (MOOC) zur Industrie 4.0: www.mooc.house/acatech Auf die Chancen der Digitalisierung für die Zukunft der Arbeit in Deutschland verweist Helge Braun, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin: »Die Digitalisierung bietet im Kontext des demographischen Wandels die Chance, unsere künftige Arbeitskräftelücke durch Produktivitätsgewinne zu kompensieren. Sie zu meistern ist deshalb entscheidend für die Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit und unseres Sozialgefüges. Ich danke acatech und der Jacobs Foundation für ihre Denkanstöße und Empfehlungen.« Starke IT-Partner fehlen Große Hoffnungen setzen die Personalvorstände beispielsweise in digitale Assistenzsysteme, die Beschäftigte bei anspruchsvollen Tätigkeiten unterstützen. Monotone und anstrengende Aufgaben würden in Zukunft immer seltener von Menschen ausgeführt. Angesichts des demografischen Wandels könnten Roboter und autonome Systeme gefährliche Arbeiten übernehmen, ohne dass es zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit komme. Positiv auf die digitale Transformation wirkt sich die globale Ausrichtung vieler deutscher Firmen aus, schreibt der HR-Kreis. Der deutschen Industrie fehlen aber starke heimische IT-Partner. Die umfassende digitale Transformation erfordert IT-Experten mit Spitzen-Know-how, die in Deutschland nur begrenzt zur Verfügung stehen. Deutschlands Schulen und Hochschulen müssen sich daher noch besser auf die Herausforderung der digitalen Transformation einstellen, so das Fazit der Personalvorstände. Sie werben dabei für eine größere Offenheit und mehr Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Gelobt wird die hohe Mobilität deutscher Studierender und von Akademikerinnen und Akademikern. Denkanstöße für die Arbeit 4.0 Der HR-Kreis wurde 2014 als Forum für Personalvorstände gemeinsam von acatech und der Jacobs Foundation ins Leben gerufen. HR-Verantwortliche unter anderem von Bayer, Bertelsmann, Deutsche Post, Lufthansa, Münchner Rück, SAP, Siemens, Deutscher Telekom und Volkswagen sowie Fachleute aus der Wissenschaft können sich mit einer Stimme in die öffentliche Debatte zur Zukunft der Arbeit einbringen. Um möglichst viele Stakeholder einzubinden, organisiert acatech darüber hinaus mit der Hans-Böckler-Stiftung eine Workshopreihe zur »Zukunft der Industriearbeit«. Expertinnen und Experten aus Unternehmen, der Wissenschaft und den Sozialpartnern stellen hier Praxisbeispiele aus der industriellen Produktion vor und diskutieren Bildungsinitiativen. Zum Weiterbildungsbedarf deutscher Mittelständler für die Industrie 4.0 veröffentlicht acatech zur Hannover Messe eine Studie zur Kompetenzentwicklung. Ãœber acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften acatech vertritt die deutschen Technikwissenschaften im In- und Ausland in selbstbestimmter, unabhängiger und gemeinwohlorientierter Weise. Als Arbeitsakademie berät acatech Politik und Gesellschaft in technikwissenschaftlichen und technologiepolitischen Zukunftsfragen. Darüber hinaus hat es sich acatech zum Ziel gesetzt, den Wissenstransfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu unterstützen und den technikwissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern. Ãœber die Jacobs Foundation Die Jacobs Foundation ist eine weltweit tätige Stiftung im Bereich der Kinder- und Jugendentwicklung. Der Unternehmer Klaus J. Jacobs gründete die Stiftung 1989 in Zürich. Die Jacobs Foundation fördert Forschungsprojekte, Interventionsprogramme und wissenschaftliche Institutionen mit einem Jahresbudget von rund 40 Millionen Franken. Dabei ist die Stiftung in besonderem Masse der wissenschaftlichen Exzellenz und Evidenz verpflichtet. Mit ihrer Investition von 200 Millionen Euro in die Jacobs University Bremen (2006) setzte die Jacobs Foundation neue Massstäbe im Bereich der privaten Förderung.